Visionnaire Pictures drehte das Video zum neuen Song «Crazy» von Pronto. Eine Firma aus London, welche für internationale Popstars Videos produziert. Sie heissen Mr. Eazi oder Afro B und gehören zur Champions League der Künstler, welche derzeit die Musik für die angesagtesten Discos in London, New York, Barcelona und Zürich liefern – und für die Charts in England, Afrika und Frankreich.
«Crazy» ist musikalisch und visuell auf demselben Niveau und Pronto singt in seiner Muttersprache: Schweizerdeutsch.
Erst bei genauem Hinhören merkt man, dass hier Mundart mit Solothurner Akzent gesungen wird. Pronto setzt seine Stimme gekonnt als Instrument ein, mischt seinen Slang mit jamaikanischem Patois, Englisch und allem, was gut klingt.
«Baga» klingt besser als «Geld» - also singt Pronto über «Baga». Niemand geht zurzeit so elegant mit Mundart um wie Senyoh Mensah, wie Pronto bürgerlich heisst.
Afrikanische Wurzeln
Auf seiner neuen EP «Volta» widmet sich Pronto den Afrobeats. Es ist der Sound der Stunde - westafrikanische Künstler wie Burna Boy, Wizkid oder Stonebwoy wurden damit in den letzten Jahren zu globalen Superstars.
Sogar Ed Sheeran ist auf den Zug aufgesprungen und ist jetzt auf einem Song mit Burna Boy zu hören. Pronto hat einen direkten Bezug zu Afrika: sein Vater stammt aus Ghana und Pronto bereiste seine zweite Heimat bereits als Kind.
Elektrisierender Live-Act
Es ist ein mutiger Schritt - raus aus der Komfortzone der Trap-Bubble. Pronto war auf bestem Weg, der erfolgreichste Schweizer Rapper zu werden. Seine Singles «Clean» und «Side Walk» wurden mit Platin ausgezeichnet und am Openair Frauenfeld 2019 zeigte Pronto, dass er als Liveact grosse Fortschritte macht. Sein Konzert in Baden vor der Corona-Krise war ausverkauft, die Stimmung elektrisierend.
Mit «Volta» beweist er, wie feinfühlig er auch auf Nuancen verschiedener Subgenres eingehen kann. Er reiht sich damit ein bei den ganz, ganz Grossen: Drake, Rihanna oder Gunna lassen Genregrenzen ähnlich elegant verschwinden.
Meistgestreamter Mundartmusiker der Schweiz
Und dann ist da Prontos Charisma; sein Lächeln entwaffnet alle. Wer dem grossgewachsenen Modellathleten begegnet, ist entweder verliebt, eifersüchtig oder angetan von seiner bescheidenen und liebeswürdigen Art.
Pronto wurde ohne Radio-Airplay, ohne Homestory und ohne Skandale zum meistgestreamten Mundartmusiker der Schweiz. Er versteht bis heute nicht, warum er mit Menschen reden soll, die nichts Schlaues über ihn zu berichten wissen. Auch für sein neues Projekt «Volta» lässt der Solothurner lieber seine Musik für sich sprechen. Pronto ist eben nicht nur in seiner Art Musik zu machen unschweizerisch, sondern auch im Umgang mit Medienschaffenden.
Zur aktuellen Virus-Lage schickte er mir ein paar Sprachnachrichten:
Es ist eine spezielle Situation. Es gehen viele Auftritte verloren oder werden verschoben. Aber was will man tun? Es ist jetzt Teil unseres Lebens, und man kann nur warten bis das durch ist - bis die cleveren Menschen etwas erfinden, womit man das besiegen kann. Und dann geht es hoffentlich weiter wie davor. Ich bin zuhause, am Aufnehmen und am Planen für die Zeit danach. Ich wünsche einfach allen, dass sie zuhause bleiben können, dass sie und ihre Eltern gesund bleiben.
Worte voller Zuversicht von einem Schweizer Künstler, der im Moment ein Tor nach dem anderen in der Champions League der urbanen Popmusik schiesst.
Dreimal so oft angeklickt wie Hecht
Viele jüngere Musik-Fans haben dies längst begriffen und jubeln ihm bei jedem Tor zu: Pronto wird bei Spotify dreimal so oft angeklickt wie zum Beispiel Hecht - die Überfliegerband mit Hallenstadionformat - oder auch als Patent Ochsner, die wahrscheinlich bekannteste Schweizer Mundartband.
Es ist höchste Zeit genauer hinzuhören, wenn Pronto neue Musik liefert. Das Argument «den verstehe ich nicht» zieht nicht mehr. Zehntausende verstehen Pronto, und sie wollen ihn verstehen. Darauf kommt es nämlich an.
Und wer trotzdem nicht hinhören mag oder nicht verstehen will; er oder sie verpasst das derzeit einzige Champions-League-Spiel in der Schweizer Mundartmusik.
Im SRF 3-«Reggae Special» vom 7. April 2020 ab 20 Uhr: Pronto im Sprachnachrichten-Interview zu seiner neuen EP «Volta».