London, 1985. 72'000 Menschen füllen das legendäre Wembley Stadion.
Da steht ein Mann in weissen Jeans und Unterhemd. Er singt mit dem Publikum. Sie singen keinen Song. Sie machen typische Aufwärmübungen, wie sie Sänger gerne vor einer Show machen. Der Mann, dem ein ganzes Stadion hörig ist, heisst Freddie Mercury.
Queens 20-minütiger Live Aid-Auftritt hat auch heute nichts von seiner elektrisierenden Wirkung und Strahlkraft verloren. Das Konzert war ein Jahr vor meiner Geburt (jepp, richtig gerechnet. Das Ding ist über dreissig Jahre her!). Und doch: Wenn ich mir heute TV-Aufnahmen dieser Show ansehe, dann bin auch ich gefesselt von dieser einzigartigen Performance. Mercury fegt über die Bühne, als wäre es sein letztes Mal.
Dreissig Jahre später
Freddie Mercurys Einfluss als Songschreiber, Sänger und Entertainer ist bis heute spürbar. Stars wie Dave Grohl, Matthew Bellamy von Muse oder Brandon Flowers von The Killers nennen den Sänger als grösstes Vorbild, wichtiger musikalischer Einfluss und unumstössliche Ikone. Das geht sogar soweit, dass Muse für die Olympischen Sommerspiele 2012 in London aus Versehen einen Queen Song schrieben.
Was Freddie Mercury meiner Meinung nach so einzigartig machte, ist nicht sein beeindruckender Stimmumfang (oder der ebenfalls beeindruckende Schnauzer). Es war Mercurys Fähigkeit, innerhalb der Songs und auf der Bühne eine Theatralik an den Tag zu legen, welche weder lächerlich noch übertrieben wirkte. Keine Geste war zu gross! Was daran lag, dass Freddie Mercury dieser Theatralik stets ein gesundes Mass an Ironie, Humor und Schalk entgegenzusetzen verstand. Ganz ehrlich: Die meisten grossen Stars nehmen sich heute viel zu ernst.
Ein Entertainer, nicht von dieser Welt
Grosse, extravagante Entertainer gibt es nur noch wenige. Robbie Williams ist einer dieser aussterbenden Garde. Lady Gaga zählt auch dazu - sogar ihr Name ist von einem Queen Song inspiriert (Radio Ga Ga). Nur werden sie es nie auf eine Stufe mit Mercury schaffen. Mir ist natürlich bewusst, dass der Mythos Freddie Mercury zu einer Zeit entstand, als Internet noch ein Fremdwort war. Keine Facebook-Videos an die Fans. Keine intimen Instagram-Einblicke. Die einzige «Nähe» zu einem Star entstand live an einem Konzert.
Grosse Popstars hatten etwas Magisches, Unantastbares: Man kannte sie nur aus Magazinen und allenfalls Musikvideos (welche damals noch in den Kinderschuhen steckten). Betraten sie die Bühne, war das aufregend und magisch. Und genau diese Magie reicherte Mercury mit einer zentnerschweren Bühnen-Persönlichkeit an, wie sie kein Zweiter besass. Eine, die uns auch fünfundzwanzig Jahre nach seinem Tod noch immer fasziniert. Für mich ist klar: Einen wie IHN wird es nie mehr geben!