Ich war nie ein Fan von Tokio Hotel. Trotzdem konnte ich nachvollziehen, wieso dieses Quartett vor bald zehn Jahren durchstartete. Frontfigur Bill Kaulitz hatte von Anfang an das gewisse Etwas, das einen Popstar vom Musiker unterscheidet. Dazu kamen ein paar durchaus brauchbare Pop-Songs und der Mut zur glaubwürdigen Attitüde, anders sein zu wollen und zu dürfen.
Der Jö-Effekt hat ausgedient
Natürlich sind sich Tokio Hotel bewusst, wie schwierig der Übergang vom Kinderstar und Teenie-Idol zum erwachsenen Künstler ist. Kaum jemand schafft, diese Hürde ohne schwerwiegende Rückschläge zu kassieren. Die Art und Weise, wie Tokio Hotel diese Metamorphose meistern wollen, ist jedoch mehr als fragwürdig. Anstatt einen Schritt nach vorne zu wagen, verschaffen sich die Mittzwanziger mit hochpubertären und überaus peinlichen Effekthaschereien Aufmerksamkeit. Der übersexualisierte Videoclip zur Single «Girl Got a Gun» löst bei mir allerhöchstens Mitleid aus. Mitleid für eine Band, die in die tragischen Fussstapfen von Miley Cyrus tritt und sich damit einen wichtigen Weg verbaut.
Tokio Hotel - «Girl Got a Gun»
Klar, mit solchen Aktionen kommt man in die Presse und füttert Blogs (und schafft wohl auch den Sprung in die Hitparade). Inhaltlich wird sich jedoch das meiste um das grenzdebile, masturbierende Plüschtier drehen, da Tokio Hotel offenbar nicht mehr zu bieten haben.
Wie gerne hätte ich hier über Tokio Hotel und ihre Musik geschrieben. Ich mag Überraschungen und hätte mit Freude vom Reifeprozess einer Band berichtet, der man genau diesen Wandel nicht zugetraut hat. Nun bleiben zwei musikalisch lauwarme Singles und ein Album, das mich nicht im Geringsten interessiert, weil es gar nicht richtig gut sein kann. Schliesslich setzt die Band alles daran, dass man sich nicht mit ihrer Musik beschäftigt.
Schade. Erwachsen werden geht anders.
Älter, aber nicht reifer geworden
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Bild 1 von 6. Remember? So sahen sie aus, als es richtig los ging: «Tokio Hotel» posiert in München. Es ist der 1. Dezember 2005, das Debütalbum «Schrei» dröhnt uns in den Ohren und erobert die Charts. Bildquelle: Universal.
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Bild 2 von 6. Ein Jahr später (2006) begeistert die Teenie-Band auch das Schweizer Publikum – bei einem Konzert im Zürcher Hauptbahnhof. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 6. 2008: Sänger Bill Kaulitz (rechts) und sein Zwillingsbruder Tom zeigfingern und zeigen sich in Berlin. In diesem Jahr gewinnen sie unter anderem den «NRJ Music Award», den «Echo», den «MTV Video Music Award», den «Comet» und, und, und... Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 6. 2011 reicht es gerade noch für den «MTV O Music Award» in der Kategorie Best Fan Army. Seit 2009 gibt's kein neues Album mehr. Und auch wenn Bills Mantel schön glänzt: die Glanzzeiten der Teenie-Band sind vorbei. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 6. Springen wir ins Jahr 2012: Nicht nur die Frisuren sind neu, sondern auch die Rollen: Bill und Tom Kaulitz machen gerade keine Musik, sitzen dafür in der Jury von «Deutschland sucht den Superstar». Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 6. Und so präsentieren sie sich heute (2014): Das Album «Kings Of Suburbia» erscheint am 3. Oktober. Bildquelle: Universal.