Was Züri West seit Jahrzehnten auf brillante Art und Weise tun – Fremdkompositionen zu ihren eigenen machen – können andere mit Züri West-Songs nur bedingt. Ein Grossteil des Künstler-Aufgebots der «The Züri West Show», die am 15. März über die Bühne des Berner Dachstocks ging, ist an dieser Aufgabe gescheitert.
Nachspielen und Nachsingen reicht nicht
Was man mit AC/DC locker tun kann, geht bei einer Band wie Züri West nicht. Es ist ein Fehler bei einem Züri West-Cover nach Züri West klingen zu wollen. Und genau dieser Fehler wurde an diesem Abend zigmal gemacht.
Zwar hütete man sich davor an Songs wie «I schänke dr mis Härz» oder «Blues» zu scheitern, indem man sie gar nicht stattfinden liess. «I schänke dr mis Härz» wurde elegant mit der Gitarren-Hook im Eröffnungssong des Abends «Drück ab» zitiert. Das war stilvoll.
Weniger inspiriert waren aber diverse Darbietungen die darauf vertrauten, dass die ausgewählten Songs genug gut seien, um sie einfach nachzuspielen. In diesen Momenten wurde für die Interpreten schmerzlich - und für die Konzertbesucher eindrücklich - klar, dass diese Songs in diesen Versionen ohne ihre Urheber nur schwer oder gar nicht auskommen.
Zuviel Respekt ist respektlos
Wer die Berner Szene nicht kennt, kann sich kaum ausmalen wie gross der Respekt nicht nur FÜR sondern auch VOR Züri West ist. Das «für» ist gerechtfertigt. Das «vor» wurde an diesem Abend jedoch für viele zur unüberwindbaren Hürde. Den Song zu spüren – zu adaptieren – und ihn nicht bloss wiederzugeben. Genau das hätte diese Band jedoch verdient. Ich gehe noch einen Schritt weiter und behaupte: Genau das hätte sich diese Band gewünscht.
Wie Seven vor einem Jahr im SRF 3-Studio «7:7» coverte, war zwar dreist und in etwa so tollkühn wie jeder Künstler und jede Künstlerin, die sich an Princes «Sometimes it Snows In April» heranwagen würde. Aber es war echt. Es war Seven. Er hat diesen Song gespürt. Es war seine Version. Solche Beiträge waren an der «The Züri West Show» äusserst spärlich gesät.
Covers covern braucht mehr als einfach Mut
Noch hilfloser empfand ich die Covers der Covers. Nicht einmal Simon Jäggi (Kummerbuben) schaffte es, dem Robert Palmer-Song «Johnny & Mary» neues Leben einzuhauchen. Dabei wüsste er, wie man sowas macht. Er ist gewissermassen ein Cover-Experte. Zum Beispiel, wenn es darum geht, neue Ansätze für alte Volkslieder zu finden.
Etwas stimmiger war Trummers Ansatz mit der Bob Dylan-Nummer «Mir wei nid grüble (es isch scho rächt)» (Don’t Think Twice, It’s All Right). Es macht Sinn, dass sich der Liedermacher dieses Lied schnappte. Für sich vereinnahmen konnte er den Song aber nicht.
Erschwerend kommt an dieser Stelle natürlich hinzu, dass wir wissen wie gut Züri West die Disziplin der Songadaption beherrschen.
Greis, Baze und Steff: les Chefs
Am Ende waren es die Wortmenschen, die den Abend retteten. Da standen mit Greis, Baze und Mike Egger (Jeans for Jesus) und allen voran Steff la Cheffe plötzlich Leute auf der Bühne, die es schafften, die Werke von Züri West zu umarmen. Sie machten sich mit Respekt aber ohne Furcht an diese Songs heran. Schienen Spass daran zu haben und sorgten für einen versöhnlichen Abschluss der «The Züri West Show».
Wieso bei diesem Tribut-Konzert gerade die Hip Hop-Fraktion punkten konnte, kann ich nicht abschliessend beantworten. Vielleicht ja, weil Kuno Lauener eigentlich auch ein Rapper ist.