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Musik-Blog Zum Record Store Day: Wir verdammten Streaming-Junkies

Über Musikstreaming-Dienste wie Spotify & Co. motzen und Musik auf Vinyl hören. Das ist, wie mit einer Pferdekutsche auf der Autobahn fahren und Autos anschreien. Irgendwie gut. Leider sitze ich längst nicht mehr in dieser Kutsche. Auch nicht am Record Store Day, an welchem das Vinyl gefeiert wird.

Autor: Gregi Sigrist

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Gregi Sigrist ist Musikjournalist der Fachredaktion Musik Pop/Rock von Schweizer Radio und Fernsehen. Im Musik-Blog schaut er auf, unter und hinter aktuelle Musikthemen und ihre Nebengeräusche.

Ach wie gerne wäre ich einer, der sorgfältig und mit sicherem Griff eine Platte aus dem Regal zieht, um sie auf den Teller meines ewigtreuen Lenco-Plattenspielers zu legen. Mit geübter Hand würde ich den Tonarm heben und anschliessend die Nadel in die Plattenrille gleiten lassen.

Passend zum feinen Knacken aus den Boxen, zögen Zigarettenrauchschwaden über das glänzende Schwarz der Mutter aller Tonträger und... STOPP! Ausser dem Rauch in der Luft kann ich von dieser Szene leider wenig bieten.

Gescheiterte Nostalgie

Zwar orientiere ich mich in meiner Musikwahl gerne zurück. Ich geniesse es, mir nicht vollends erschlossene Künstler und ihre Karrieren auch noch Jahrzehnte später näherzubringen. Oft werden mir dabei Zusammenhänge und Auswirkungen der Popmusik-Entwicklung klarer. Aber – und das stört mich – ich handle bei der Beschaffung der Tonträger und -quellen nicht sehr konsequent.

Ich bin kein Vinyl-Freak

Ich bewundere diese Vinyl-Menschen. Ich sehe sie vor mir, wie sie mit ihren neu erstandenen LPs nach Hause kommen. Wie sie sich Seite für Seite diese Platten anhören und dazu den Umschlag studieren. So war ich auch einmal. Noch heute weiss ich die Reihenfolge der Songs auf den damals erworbenen Alben auswendig. Die Informationen auf der Plattenhülle (später im CD-Booklet) waren in mir gespeichert, und ich konnte sie jederzeit abrufen.

Heute leide ich an digitaler Demenz und muss dieselben Informationen immer wieder aufs Neue nachschauen. Bei Alben weiss ich von der Reihenfolge vielleicht den ersten und zweiten, oft auch noch den letzten Song auswendig. Das war’s dann aber auch schon.

Kapitulation

Ja. Es stört mich, dass ich immer seltener Alben so anhöre, wie sich das der Künstler oder die Künstlerin wünscht. Zu oft zappe ich wild durch die Songs. Spiele sie an, hüpfe in die Mitte, ans Ende der Songs und verpasse so den Aufbau von Stimmungen, Entwicklungen von Energien und vieles mehr.

Die technischen Möglichkeiten sind stärker als mein Wille, und es macht mich nachdenklich, wenn ich mir vorstelle, wie Bands – verständlicherweise – beim Songwriting an die Art und Weise denken, wie Musik heute konsumiert wird.

Und jetzt?

Ich probiere mich bewusst wieder mehr in die oben beschriebene Kutsche zu setzen. Nicht, um vom Kutscherbock aus die Streamer anzuschreien. Ich ziehe mich zurück ins Kutscheninnere, schliesse die Vorhänge und versuche, wieder mehr Zeit für weniger Musik zu investieren. Schaffe ich das, stehen die Chancen hoch, dass ich von weniger Quantität auch wieder mehr Qualität habe.

Okay. Welches Album höre ich mir nun als Erstes an?

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