Nickelback gehören mit über 50 Millionen verkauften Tonträgern zu den erfolgreichsten Musik-Acts aller Zeiten. Zugleich kassieren die Kanadier Spott und Häme wie keine andere Band: Unrühmliche Titel wie «meist gehasste Band» pflastern ihre Karriere.
Am 18. November 2022 erscheint ihr zehntes Album «Get Rollin’». Es liegt auf der Hand, dass das Bashing erneut Hochkonjunktur haben wird – und dass die Fans sich nach fünf Jahren Wartezeit freuen.
Wir haben mit Chad Kroegers älterem Halbbruder Mike versucht zu ergründen, wie die Band zum Blitzableiter für Missgunst wurde.
Mike Kroeger, «Get Rollin’» ist draussen. Spürt ihr bereits Gegenwind?
(Lacht) Ich träume vom Tag, an dem wir als Gesellschaft mehr darüber sprechen, was wir lieben und nicht darüber, was nicht. Vielleicht bleibt dies ein Traum. Aktuell ist die Vorfreude auf unser neues Album gross und nur das Urteil der Fans ist wichtig. Die negative Minderheit ist jedoch immer lauter.
Wann habt ihr zum ersten Mal realisiert, dass es Leute gibt, die hassen?
Als wir auf unserem Höhepunkt waren. Dieses negative Echo folgt auf dem Fuss. Wenn du eine starke positive oder negative Reaktion auslöst, dann erreichst du Menschen. Wir erleben beides – von unseren Fans und unseren Hatern.
Nur das Urteil der Fans ist wichtig. Die negative Minderheit ist jedoch immer lauter.
Auch Bands wie Coldplay oder U2 spalten die Gemüter. Aus denselben Gründen?
Auch sie kannten den negativen Backlash als unbekannte Bands nicht. Das kam erst, als sie alle kannten. Mir gefällt, dass wir im gleichen Klub sind.
Wie geht ihr in der Band mit der Negativität um?
Zuerst hat uns das nicht gekratzt, weil wir einen Lauf hatten. Wir wussten auch, dass nur eine kleine Gruppe schlecht über uns redet. Irgendwann tat es aber weh. Wer hört schon gern Schlechtes über sich. Wir glauben, dass es irgendwann Mode wurde, uns zu hassen. Deshalb bin ich mir sicher: Viele Hater besitzen insgeheim unsere Alben und kommen zu unseren Shows.
Dave Grohl twitterte einmal: «Wenn man Nickelback rückwärts hört, hört man den Teufel. Schlimmer noch, wenn man sie vorwärts hört, dann hört man einfach Nickelback.» Macht es einen Unterschied, ob jemand wie Dave Witze über euch macht?
Nicht wirklich. Wir trafen Dave kurz nach diesem Tweet in L.A.. Ich habe ihn auf den Tweet angesprochen. Er hat gesagt, dass sein Account gehackt wurde. Ich konnte kein Geständnis von ihm erzwingen. Deshalb muss ich Dave bei seinem Wort nehmen.
Wenn du eine Reaktion auslöst, dann erreichst du Menschen. Wir erleben beides – von unseren Fans und unseren Hatern.
Eine wissenschaftliche Arbeit aus Finnland belegt: Je erfolgreicher Nickelback wurde, desto schlechter schrieben Journalisten über euch. Trugen Medien dazu bei, dass ihr zur Zielscheibe wurdet?
Im Medien-Geschäft verkauft sich Negativität besser als Positivität. Hass wird immer mehr ziehen als Liebe. Wir sind leider alle – bildlich gesprochen – Römer:innen und wollen andere im Kolosseum leiden sehen. Solange der Löwe nicht mich frisst, will ich die Show sehen.
Ich habe Dave Grohl auf seinen Nickelback-Bashing-Tweet angesprochen. Er hat mir erklärt, dass sein Account gehackt wurde.
Hat die Pandemie dazu beigetragen, dass die Menschen umsichtiger geworden sind und sich zweimal überlegen, was sagen?
Das Social Distancing war schädlich für die Gesellschaft. Die psychische Gesundheit vieler Menschen hat gelitten. Zugleich sind viele Leute sensibler geworden, viele haben ein anderes Gespür für ihre eigene Verletzlichkeit entwickelt. Das ist positiv.
Dein Lieblings-Nickelback-Witz?
(Lacht) Der Spruch auf Dave Grohls Twitter-Account. Die Person, die Grohls Account gehackt hat, ist echt clever.