Garagen-Bands sind das Fundament der Schweizer Musikszene. Tausende ambitionierte Musikliebhaber treffen sich regelmässig, um zusammen Musik zu machen – und vielleicht irgendwann durchzustarten. Eine dieser Newcomer-Bands war Dabu Fantastic, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen: Spätestens seit dem Song «Angelina» – meistverkaufter CH-Song 2016 – kennt man sie in der ganzen Schweiz.
Dabu Fantastic hat einen langen Weg hinter sich. 2006 registrierte sich die Band aus dem Zürcher Oberland auf der damals noch jungen Schweizer Musikplattform Mx3.ch, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen. Heute sind auf dieser mehr als 24’000 Bands registriert – ein Fundus an Daten zur Schweizer Musiklandschaft. SRF Data hat diesen nun erstmals ausgewertet und interessante Einblicke in die Newcomer-Szene gefunden.
1. Wo gibt es am meisten Bands?
In absoluten Zahlen führt der Kanton Zürich mit über 3000 Bands. Danach kommen die Kantone Bern, Waadt und Genf. Schaut man sich hingegen die Band-Dichte an, also wie viele Bands es auf 1000 Einwohner gibt, zeigt sich ein anderes Bild. Die beiden Stadtkantone Basel-Stadt und Genf liegen mit drei bis vier Bands pro 1000 Einwohner an der Spitze. Tobit Schäfer, Mitglied des Grossen Rats (SP) und Geschäftsleiter des Rockfördervereins der Region Basel freut sich, relativiert aber zugleich: «Viele Bands geben nur an, dass sie aus der Stadt kommen.» Wahrscheinlich erhoffe man sich dadurch, eher auf den Radar der lokalen Kulturszene zu kommen. So ist Schäfer über die geringe Band-Dichte im Kanton Basel-Landschaft erstaunt, die Mx3.ch in diesem Kanton ausweist. Denn eigentlich gäbe es da eine Vielzahl an Rock- und Hip-Hop-Formationen. Auch in der Westschweiz und im Tessin ist die Band-Dichte hoch. Anders in der Innerschweiz: Der Kanton Uri hat zum Beispiel knapp eine Band pro 1000 Einwohner.
2. Mehr Geld = mehr Bands?
SRF Data hat weiter untersucht, ob die allgemeine kantonale Kulturförderung und Band-Dichte zusammenhängen. Interessant: Je höher die Kulturförderung pro Kopf, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen, desto mehr Bands gibt es auf 1000 Einwohner. Kann man diesen Vergleich überhaupt machen? Basel-Stadt ist ein Paradebeispiel, was die Popförderung betrifft, meint Tobit Schäfer. Das würden wohl auch die Kulturausgaben pro Kopf widerspiegeln, die auch an die Bands fliessen. Auf der Ebene der reinen Popförderung ist aber schwierig zu sagen, welcher Kanton wie viel Geld ausgibt, erklärt Schäfer. Basel-Stadt und Genf fallen durch besonders hohe Kulturausgaben und Band-Dichte auf. Weil es sich dabei um Stadtkantone handelt, sind diese mit den anderen Kantonen nur beschränkt vergleichbar.
3. Wo ist Hip-Hop am beliebtesten?
In der Newcomer-Szene gibt es mit Abstand am meisten Rockbands. Beliebt sind auch die Genres Pop und Hip-Hop. Bands, die mit ihrer Musik ins Radio wollen, sind bei Mx3.ch häufiger anzutreffen. Tobit Schäfer meint dazu: «Mx3.ch ist eine Plattform für Pop und bildet gewisse Genres wie zum Beispiel Jazz weniger gut ab.» Dennoch würden die Daten interessante Unterschiede aufzeigen, so Schäfer. Zum Beispiel kann man sehen, dass der Chanson in der Westschweiz zuhause ist. Mehr zum Genre-Mix der grössten «Band-Städte» gibt es in der Bildstrecke.
4. In welcher Stadt sind die Bands am erfolgreichsten?
Wie populär die Bands einer Stadt sind, sieht man am Anteil der Bands einer Stadt, die bereits im Radio gespielt wurden. Hier zeigen sich deutliche Unterschiede. Von den zehn grössten Schweizer Städten liegen Luzern und Basel mit rund 30 Prozent an der Spitze. Warum schneidet Zürich schlechter ab als Basel? Zürich funktioniert anders als Basel und deckt in erster Linie die finanzielle Kulturförderung ab, erklärt Schäfer. Die Städte Lausanne und Genf haben anteilsmässig am wenigsten Bands im Radio. Gemäss Mx3.ch-Leiter Samuel Vuillermoz liegt das aber höchstwahrscheinlich daran, dass viele französischsprachige Radiostationen erst seit kurzem auf Mx3.ch vertreten sind und deren Daten nicht analysiert werden konnten. Zum Beispiel sei der RTS-Sender «Option Musique», der viele Schweizer Bands ausstrahle, erst seit Mitte 2017 dabei. Dies könne die Resultate beeinflussen.
Fazit: Dass eine Stadt aufgrund einer breiten Kulturförderung die erfolgreicheren Bands hat, geht aus den Daten nicht eindeutig hervor. Für Dabu Bucher von Dabu Fantastic ist aber eines klar. In einem Interview mit der SRG Deutschweiz, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen meinte er im Frühjahr: «Viele, wenn nicht die meisten Schweizer Bands sind auf Fördergelder angewiesen.»
Über die Daten
Die Daten stammen von der SRG-Band-Plattform Mx3.ch, die 2006 online ging. Von insgesamt über 24’000 gespeicherten Bands wurden nur jene analysiert, die am Stichtag 18.10.2017 mindestens einen Song auf ihrem Profil hatten und seit Registrierung aktiv waren (17’353 Profile). Für den Vergleich der zehn grössten Schweizer Städte wurden nur Profile berücksichtigt, die eindeutig einer dieser Städte zugeordnet werden konnten (4866 Profile). Nicht alle Schweizer Bands sind hier vertreten – es sind vor allem Newcomer-Bands im Bereich der Popkultur. Musikformationen aus gewissen Nischen oder spezifischen Kulturbereichen benutzen gemäss Experten die Plattform deutlich weniger, sind also unterrepräsentiert. Aufgrund einer Unregelmässigkeit bei der Datenqualität wurden die beiden Appenzeller Halbkantone zusammengefasst. Für die Erfolgsanalyse im letzten Teil des Artikels wurden alle Bands berücksichtigt, die mindestens einmal auf einem mit Mx3.ch assoziierten Radio gespielt wurden. Bei Mx3.ch mit dabei sind unter anderem die SRG-Radiostationen SRF 3, SRF Virus, Couleur 3, Rete Tre und RTR. Die Daten zu Mx3.ch wurden via der API der SRG abgerufen. Die Statistiken zur kantonalen Bevölkerungszahl und Kulturförderung stammen vom Bundesamt für Statistik. |