Ich hatte im Maturzeugnis zwar eine 5,5 in Geschichte. Aber ganz ehrlich (und sorry Frau Kindlimann): Über die Schweiz in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg ist mir wenig geblieben.
Aufbruch nach dem Krieg lässt auf sich warten
Ich stellte mir immer eine Zeit mit positiver Grundstimmung vor: Erleichterung über das Ende des Krieges. Und wirtschaftliche Aufbruchsstimmung. Da hat mich «Frieden» eines Besseren belehrt.
Man muss sich die Serie aber nicht im lehrerhaften Schulfernsehen-Stil vorstellen. Ich verbrachte mit «Frieden» äusserst unterhaltsame Stunden auf dem Sofa.
Schöne Bilder einer schwierigen Zeit
Mich packten vor allem zwei Dinge: Der für mich überraschend kritische Blick auf die Schweiz in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Und die wunderschön gefilmten Bilder, mit denen man in eine vergangene Zeit eintauchen kann.
Eine Zeit, wo Telefone noch Wählscheiben hatten. Wo Firmen noch Familienunternehmen waren, die von Patrons geführt wurden. Das Leben war damals aber nicht einfacher als heute. Die Serie zeigt die Schweiz in einer äusserst schwierigen Zeit.
Schweizer Bevölkerung leidet Not
Nur wenige konnten sich fröhlich tanzend über das Kriegsende freuen. Stattdessen sieht man vom Krieg traumatisierte Menschen. Alkoholabhängigkeit. Lebensmittelknappheit. Firmen verlieren wichtige Staatsaufträge. Es fehlen Geld und Kraft, neue Projekte anzupacken.
Judenhass auch in der Schweiz
Das war kein ideales Klima, um Bedürftigen zu helfen. Grosses Thema in der Serie sind jüdische Jugendliche, die nach dem Krieg aus Konzentrationslagern befreit wurden. Die Schweiz nahm einige von ihnen auf.
Die traumatisierten jungen Menschen bekamen hier aber weder die Geborgenheit noch die Schulbildung, die sie gebraucht hätten. Stattdessen begegnete man ihnen mit Misstrauen und Vorurteilen. Antisemitismus war in der Schweiz verbreitet. Und Nazis vielerorts beliebter als Juden.
«Frieden» zeigt rührende Schicksale
Mir gefällt, wie «Frieden» dieses heikle Thema anpackt. Die Serie macht keine Schuldzuweisungen. Sie versucht, Zusammenhänge zu zeigen. Sie erzählt Geschichte mit persönlichen Geschichten. Geschichten von Menschen, die in dieser schwierigen Zeit ihr Bestes geben.
Die junge Frau zum Beispiel, die sich rührend um jüdische Flüchtlinge in ihrem Dorf kümmert. Oder der junge Chef einer serbelnden Textilfabrik, der seine ganze Energie einsetzt, um Firma und Mitarbeiter zu retten.
Seelenbalsam zur Corona-Zeit
Für mich war «Frieden» gerade in der schwierigen «Corona»-Zeit sehr wohltuend. Denn die Serie blickt den happigen historischen Tatsachen zwar ins Auge. Bleibt aber trotzdem optimistisch. In mir hat die Serie einen Funken gezündet. So dass ich nach dem Serienabend vom Sofa aufstand und dachte: «Also gut, dann packen wir’s an!»
Alle Folgen von Frieden gibt es ab Samstag 7. November hier.