Wir schreiben das Jahr 1994: Bill Clinton ist Präsident der USA, das Hubble-Teleskop liefert erste beeindruckende Bilder des Universums, im Kino hat man die Wahl zwischen «Pulp Fiction» oder «The Lion King». Und um 5:46 Uhr am Morgen wird der Rapper The Notorious B.I.G. aus dem Schlaf gerissen.
The Notorious B.I.G.: The Warning
Es ist Biggies Freund Pop (aus dem Barbershop), der sich in aller Herrgottsfrühe meldet. Nicht per Telefon, sondern per Meldung auf dem Pager: ein Gerät, ein bisschen grösser als eine Zündholzschachtel, auf das man kurze Texte oder Zahlenkombinationen schicken kann.
«Man, I had to get a beeper 'cause my phone is tapped»
In den 80er-Jahren waren Pager immer kleiner und günstiger geworden, was sie bei Unternehmen und Geschäftsleuten beliebt machte. Doch erst in den 90er-Jahren erlebten Pager ihre Blütezeit und wurden zum Statussymbol: Einen Pager zu tragen machte klar, dass jemand so wichtig war, dass er oder sie immer und überall erreichbar sein musste.
Das galt für Geschäftsleute ebenso wie für Ärztinnen oder Drogendealer. Letztere zogen den Pager – auch «Beeper» genannt – dem damals schon erhältlichen Mobiltelefon vor. Nicht nur, weil der Pager billiger, kleiner und leichter war. Sondern auch, weil sich ein einzelner Pager im Gegensatz zum Mobiltelefon nicht abhören und nicht orten lässt – «Man, I had to get a beeper 'cause my phone is tapped», heisst es dazu bei den Beastie Boys.
«My beeper kept beepin'!»
Mindestens so wichtig wie zum Planen von illegalen Tätigkeiten war der Pager aber für das Liebesleben vieler Rapper. So machte Sir-Mix-A-Lot schon 1989 klar: «To hook up with Mix you gotta call that number / Then sit by the phone and wonder / Will he call? If you're fine I might / If you're a duck – good night». Dazu ist der ganze Track über das unangenehm hohe Piepsen eines Pagers zu hören.
Sir-Mix-A-Lot: Beepers
Viele weitere Beeper-Referenzen folgten. An der Westküste von Dr. Dre («Well, I'm peepin' and I'm creepin' and I'm creepin' / But I damn near got caught 'cause my beeper kept beepin'») oder Ice Cube («Drunk as hell, but no throwin' up / Halfway home and my pager still blowin' up»), an der Ostküste von Nas («King poetic, too much flavor, I'm major / Atlanta ain't Brave-r, I pull a number like a pager») oder Gang Starr («No pager, no celly, no drop-top Benz-y I came to bring your phony hip-hop to an ending»)
«Beeper's going off like Don Trump gets checks»
Der wohl nützlichste Track zum Umgang mit einem Pager – jedenfalls wenn es um Liebesdinge geht – findet man aber auf dem 1991 erschienenen Hip-Hop-Meisterwerk «The Low End Theory» von A Tribe Called Quest. Denn im Track «Skypager» (einer Ode an das gleichnamige Pager-Modell von Motorolla) geben die Rapper Q-Tip und Phife Dawg wichtige Tipps für das, was man heute «Sexting» nennt.
A Tribe Called Quest: Skypager
So erklärt Phifer etwa: «A number of importance, I just put it on lock / You leave code «69», that means you want some ****». Und an anderer Stelle heisst es: «The 'S' in skypage really stands for sex / Beeper's going off like Don Trump gets checks». Ein Vergleich, der mässig gut gealtert ist. Andererseits: Im Gegensatz zum Pager hat es der machtbewusste Immobilien-Tycoon aus New York immerhin geschafft, im Gespräch zu bleiben.