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Pionierin der Popkultur Punklady, Esoterikerin und Skandalfrau: Nina Hagen wird 70!

Sie war die erste Punklady im deutschen Sprachraum. Nina Hagen war aber auch abseits der Musikwelt eine Pionierin. Zum 70. Geburtstag beleuchten wir ihre verschiedenen Vorreiterrollen.

Punk-Pionierin

Ende der 70er Jahre war Nina Hagen die grosse Figur des deutschen Punk und New Wave und nahm damit die neue Deutsche Welle der 80er Jahre vorweg. Aber schon in ihrer Heimat, der DDR, war Nina Hagen eine wichtige Stimme. Als dezent subversiver Schlagerstar hatte sie 1974 ihren ersten Hit: «Du hast den Farbfilm vergessen».

Nachdem ihr Stiefvater Wolf Biermann aus der DDR ausgebürgert wurde, war auch ihre Zeit in Ostdeutschland abgelaufen. Nach ihrer Flucht in den Westen gründete sie 1976 die Nina Hagen Band und wurde damit zur unangefochtenen deutschen Punk-Pionierin.

Stimmakrobatin

Hagen punktete dabei mit ihrem eindrücklichen Stimmumfang. Operettenhaft, bedrohlich, schrill oder sanft: Nina Hagens Repertoire war eindrücklich breit.  Auf ihrem zweiten Album «Unbehagen» zog die Nina Hagen Band alle Register und auch im Ausland (Frankreich, Holland) wurde man aufmerksam auf die schrille, deutsche Punklady.

Allerdings war der Erfolg nicht von langer Dauer. Ihre Band machte unter dem Namen Spliff ohne ihre Frontfrau weiter und Nina Hagen lebte fortan hauptsächlich in den USA. In dieser Zeit machte sie mit ihren Ufotheorien, ihrem Interesse an Esoterik und Buddhismus und als Feministin Schlagzeilen.

Skandalfrau

So sorgte sie mit einer Reihe von Skandalen für Aufsehen. Ein starkes Stück war ihr Auftritt in der österreichischen Talkshow «Club 2», wo sie 1979 dem sprachlosen Publikum verschiedene Positionen der weiblichen Masturbation vorführte.

Solche Eskapaden festigten Hagens Image als schrillster Pop-Star Deutschlands. Aber auch als Feministin und Polit-Aktivistin.

Feministin

Nina Hagens Song «unbeschreiblich weiblich» wurde zum Schlachtruf für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen. Hier sang sie unverblümt über eine Abtreibung. Auch sonst äusserte sie sich stets deutlich gegen Stereotypen und Normvorstellungen von Weiblichkeit. Sie wollte nicht Mutter sein, nur weil die Gesellschaft das von ihr erwartete. Sie hatte keine Lust, ihre Rolle als Frau zu erfüllen und fühlte sich dabei trotzdem «unbeschreiblich weiblich».

Auch als Tierschutz-Aktivistin war Hagen aktiv und ihre Musik-Karriere geriet durch ihre vielen Rollen zuweilen ins Stocken. Ab Ende der 90er Jahre schaffte sie ein musikalisches Comeback, als gefragte Duett-Partnerin, u.a. mit Thomas D. von den Fantastischen Vier und schaffte es wieder in die deutschen Charts. Es folgten weitere erfolgreiche Kollaborationen mit Oomph! und Apocalyptica. Hier zeigte sich Nina Hagen wieder wie zum Anfang ihrer Karriere: Als vielseitige Sängerin.

Nina Hagen bei einem Aufritt 2019 in Berlin
Legende: Nina Hagen Nina Hagen bei einem Auftritt 2019 in Berlin. Keystone

Spiritualistin

Hagen war stets eine Suchende. Mal antworteten Buddha und Shiva, mal Kräfte aus Ufos oder Kristallkugeln. Ob sie heute noch an Ausserirdische glaubt, ist nicht bekannt. Seit 15 Jahren ist sie getaufte Christin und scheint mit sich im Reinen. Vor drei Jahren erschien ihr letztes Album «Unity». Hier coverte sie in ihrer dunkelsten Stimme amerikanische Folksongs. Auch das flog einem richtiggehend um die Ohren. Sie ist und bleibt eine Avantgardistin, auch mit 70 Jahren. Happy Birthday, Nina!

SRF 3, 11. März 2025, 08.15 Uhr

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