Zum Inhalt springen

Pollenallergie Mehr Fälle von Heuschnupfen nach der Pandemie

Nach zwei Jahren Pandemie haben so viele Leute Heuschnupfen wie schon lange nicht mehr. Wieso das so ist, erklärt Arthur Helbling, Leiter Poliklinik für Allergologie und Immunologie des Inselspitals Bern.

Die Augen jucken, die Nase läuft und man hat heftige Niesanfälle: Aktuell sind so viele von Heuschnupfen geplagt wie schon lange nicht mehr. «Dieses Jahr haben mehr Menschen akute und heftige Allergiebeschwerden», sagt Arthur Helbling, Leiter der allergologisch-immunologischen Poliklinik des Inselspitals Bern (AIP). Dies sei aufgefallen im Vergleich zu den letzten zwei Jahren Pandemie.

Arthur Helbling

Leiter der allergologisch-immunologischen Poliklinik des Inselspitals Bern (AIP)

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Arthur Helbling ist Arzt für den Bereich Allergologie und klinische Immunologie und Leiter der Leiter der allergologisch-immunologischen Poliklinik des Inselspitals Bern (AIP).

Ein Grund dafür sei das Ende der Maskenpflicht. «Hygienemasken sind Pollenfilter», sagt Helbling. Sie seien fein genug, dass sie Pollen herausfiltern. Wenn keine Pollen auf die Schleimhäute gelangen, können sie auch keine Symptome auslösen. Menschen, die während der Pandemie bereits wussten, dass sie eine Pollenallergie haben, hatten durch das Tragen der Hygienemasken weniger Symptome. Dieser Schutz falle nun weg.

Symptome einer Pollenallergie

Box aufklappen Box zuklappen
  • juckende, brennende, gerötete, tränende Augen
  • juckende, kribbelnde, verstopfte Nase
  • Niesreiz und -anfälle
  • Fliessschnupfen
  • trockene Nasenschleimhaut

Ausserdem kann sich der Heuschnupfen nach einigen Jahren zu allergischem Asthma entwickeln.

Als weiteren Grund sieht Helbling, dass viele Leute während der Pandemie im Homeoffice waren. Sie seien weniger an der frischen Luft gewesen und hätten somit weniger Kontakt mit Pollen gehabt. «Viele Leute hatten auch schlichtweg andere Sorgen als juckende Augen oder eine verstopfte Nase», so Helbling.

Audio
Archiv: Was taugen Pollen-Apps?
aus Ratgeber vom 30.03.2021. Bild: Colourbox
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 7 Sekunden.

Die Pollenallergie sei während der Pandemie in den Hintergrund gerückt. Nun würden die meisten Menschen wieder wie gewohnt nach draussen gehen, wo sie den Pollen ausgesetzt seien.

So unterscheidet man eine Erkältung von Heuschnupfen

Box aufklappen Box zuklappen
  • Beim Heuschnupfen ist das Sekret in der Nase klar und flüssig, bei einer Erkältung ist die Nase eher verstopft und das Sekret gelblich oder grünlich.
  • Beim Heuschnupfen hat man oft Niesanfälle, besonders bei Ortswechsel, bei einer Erkältung niest man eher punktuell und ortsunabhängig.
  • Eine Erkältung verschwindet meistens nach zwei Wochen. Heuschnupfen kann eine ganze Pollensaison lang dauern.
  • Heuschnupfen verbessert sich oft oder verschwindet bei einer längeren Regenphase. Eine Erkältung nicht.
  • Bei Heuschnupfen hat man oft juckende oder tränende Augen sowie Juckreiz in Gaumen, Nase und Ohren. Bei der Erkältung ist das selten.
  • Bei einer Erkältung können Muskel- und Gelenkschmerzen, eine erhöhte Temperatur oder Fieber und Halsschmerzen auftreten. Symptome, die bei einer Pollenallergie selten bis nie auftreten.

Seit der Pandemie seien viele Leute zudem vorsichtiger, wenn sie sich nicht gut fühlen. «Früher hat es niemanden gross gestört, wenn die Nase verstopft ist. Heute geht man schneller zum Arzt», sagt Helbling. Die vermutete Covid-19-Infektion könne sich dann als Pollenallergie herausstellen.

Allergieausbruch wegen Virus

Mittlerweile wisse man auch, dass die Infektion mit einem Virus, wie Covid-19 oder einer Grippe, sogar eine Pollenallergie auslösen könne. Gemäss Helbling kann bei jemandem, der oder die genetisch dazu veranlagt ist, eine Pollenallergie zu bekommen, durch einen Infekt plötzlich eine Allergie ausbrechen.

Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass rund 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung unter einer Pollenallergie leiden. Die Rede ist von etwa 1.8 Millionen Allergikerinnen und Allergikern. Der umgangssprachlich sogenannte Heuschnupfen kommt nicht nur im Frühling vor. Es kommt ganz darauf an, auf welche Pollen man reagiert und wann diese Pflanzen blühen.

Schlechte Nachrichten für Heuschnupfen-Geplagte

Aufgrund des Klimawandels wird die Pollensaison immer länger. Für Allergikerinnen und Allergiker galt der Winter lange als allergiefreie Zeit. Inzwischen stimmt das nur noch bedingt, denn wirklich beschwerdefreie Zeiten gibt es für viele Betroffene kaum noch. Milde Temperaturen, wenig Regen und eine hohe Schadstoffbelastung sorgen mehr und mehr auch im Winter für Symptome.

Radio SRF 3, Morgen, 26.04.2022 ; 

Meistgelesene Artikel