Wer durch Chur flaniert, steht früher oder später vor einer Wand staunend stehen. Mal riesig und offensichtlich, mal klein und versteckt sind sie überall in Chur verteilt: Liebevoll gestaltete Wandbilder – sogenannte Street-Art. Wir machen mit dem Street-Art-Künstler Bane eine Tour durch Chur und lassen uns die schönsten Werke zeigen.
«Unbetitelt» von Bane
Wir starten mit dem ersten Wandgemälde unseres Street-Art-Guides. Die Message des Bildes: «Schule ist wichtig! Aber irgendwann kommt der Moment, wo du dich davon lösen und in die weite Welt hinausfliegen sollst.»
Die grosse graue Fläche der Wand links im Bild sah ursprünglich anders aus: «Bei Street-Art integriere ich gerne die Umgebung mit in das Gesamtbild mit ein. Hier stand früher ein Baum, welcher das Bild wunderschön ergänzte. Jetzt ist der Baum weg und das Bild sieht sehr leer aus.»
Die leere Fläche wird er aber auch in Zukunft nicht füllen. «Es ist, wie es ist. Das hat sich halt so entwickelt», sagt Bane.
Das «Homeground»-Wandgemälde der Nevercrew aus Lugano.
Diese Wand entstand 2018 im Rahmen des Street-Art-Festivals Chur. Der Bär als Sujet wurde laut Bane von der Crew bewusst gewählt.
«Es sind viele Fehler begangen worden in der Schweiz mit den Bären», findet Bane. Das Wandgemälde soll selbstkritisch an die frühere Bärenjagd in Graubünden erinnern.
«Super Girl» von Bust aus Basel
Das Bild vom Basler Künstler Bust ist stilistisch auffällig anders als die restliche Street-Art in Chur. Das im Pop Art-Stil gehaltene Bild ist im Rahmen des Street-Art-Festivals 2021 entstanden.
Die «Spanische Mama» vom Künstler Fafa
Eine ganz besondere Geschichte steckt hinter diesem Bild: Als Fafa vom Street-Art-Festival angefragt wurde, ein Wandgemälde zu malen, lag seine Mutter wegen einer COVID-19-Erkrankung gerade in kritischem Zustand im Spital.
«Ich wusste nicht, was mit ihr passieren wird. Darum wollte ich eine Hommage an jene Person machen, die ich am meisten liebe», schreibt Fafa auf seinem Instagram-Account.
Spannend an Fafa ist laut Bane, dass er ausschliesslich mit Acryl-Farben, Pinsel und Roller malt.
«Antibocktrin» von Pollo aus Basel
Der Basler Pollo absolvierte seinen Militärdienst auf dem «Rossboden»-Gelände in Chur. Die wohl unsinnigste Zeit seines Lebens, wie er sagt.
«Der Titel Antibocktrin bezieht sich auf eine moderne Sage. Diese handelt von einem angeblichen Mittel, welches in den Tee der Soldaten gemischt wurde, um ihre Libido zu schwächen. Ich fand das saukomisch, weil alle Soldaten Angst vor dem Tee und um ihre Männlichkeit hatten», führt Pollo auf seinem Instagram-Account aus.
«Er arbeitet unglaublich toll mit Farben und Kontrasten. Ich finde es mega, er ist wahnsinnig talentiert!», sagt Bane über den Basler, welcher wie Fafa mit Roller und Pinsel malt.
«Focus on the light» von QueenKong aus Luzern
Im Rahmen des Street-Art-Festivals 2021 entstand dieses detaillierte Bild. Dahinter steckt kein:e Einzelkünstler:in, sondern ein Paar aus Luzern. Die beiden malten ihr eigenes Kind an die Wand.
Das Künstlerduo «QueenKong» wurde von vielen gefragt, warum sie denn ein Kind malten. Ihre einfache Antwort: «Du siehst, was du siehst. Und wir sehen eine Menge an Positivität.»
«Plessur Fischer» von Bane
Das ist Banes neustes Wandgemälde und zeigt einen Fischer. Das passt, befindet sich nämlich das Gemälde direkt neben dem Stadtfluss, der Plessur.
«Ich wusste sofort, dass an diese Wand ein Fischer hin muss. Und weiter oben an der Plessur fischt immer der Fredy, den nennt man den 'Plessur-Fischer'. Ihn habe ich fotografiert und als Bildvorlage verwendet. Als ich ihm erzählt habe wie gross das Bild werde, sagte er nur 'du spinnst doch'». Freude habe der Fischer aber gehabt.
«Hase» von Elena Könz
«Meine erste Idee war eine ganz andere, die haute aber nicht hin», erzählt uns Elena Könz. Die ehemalige Profi-Snowboarderin findet den Hasen aber eine tolle Idee, auch weil er gut in die Form der Wand hinein passt.
Ihre Maltechnik ist übrigens ebenfalls speziell: Der Hase ist mit Dispersionsfarbe gemalt, was einen ganz eigenen Stil vermittelt, da die Farbe im Gegensatz zu Graffiti-Farbe nicht komplett deckend ist.
Der Mühleturm von Bane
Den Abschluss unserer Tour macht jenes Gemälde, welches weit herum zu sehen ist: Der fast 40 Meter hohe Mühleturm in Chur, das grösste Wandgemälde der Schweiz.
«Für mich ist der Mühleturm ein Meilenstein. Es ist ein riesiges Projekt und es war eine grosse Verantwortung, die ich tragen musste.»
Der Prozess, ob Bane den Turm überhaupt bemalen dürfe, dauerte zwei Jahre. «In diesen zwei Jahren hatte ich mir nie wirklich überlegt, was ich da überhaupt drauf malen möchte.»
Und dann ist es plötzlich doch Realität. Das grösste Wandgemälde der Schweiz konnte Bane endlich realisieren. Dank ganz vielen weiteren Künstlerinnen und Künstler kann man problemlos eine Stadtführung der anderen Art in Chur machen – eine Street-Art-Tour, die beeindruckt.