Sommer 2003. Rockmusik ist noch beinahe systemrelevant. Die Whites Stripes, Muse, Radiohead, die Strokes und die Foo Fighters gehören zur jugendlichen Allgemeinbildung, aber die Band der Stunde ist eine andere: Queens Of The Stone Age. Beinhart, cool, gefährlich und sexy gleichermassen.
Das deutsche Musikmagazin Spex schreibt über ihr Erfolgsalbum «Songs For The Deaf»: «Mehr Eleganz, Eklektizismus und Easyness hat die Heavy-Welt noch nicht gesehen.» Just in diesem Sommer kommen sie ins St. Galler Sittertobel.
Josh Homme ist Frontmann, Gitarrengott und ruhender Pol. Mit seinem Jugendfreund Nick Oliveri am Bass bildet er das Gerüst der QOTSA. Oliveri verleiht der Band eine gesunde Portion Wahnsinn. Hinter der Bühne am liebsten nackt und schon am frühen Nachmittag meist komplett hinüber, auf der Bühne aber stets solide und tight.
Und Sänger Mark Lanegan, von Alkohol und Drogen ausgezehrt, aber mit einer Stimme wie eine 250-jährige Eiche. Dazu kommen wechselnde Mitspieler: Auf «Songs For The Deaf» trommelte kein Geringerer als Foo Fighters-Frontmann und Ex-Nirvana-Drummer Dave Grohl.
Unkontrollierbarer Haufen
Als die Band im Sittertobel backstage aus den beiden Transportbussen stolpert und ich vor meinem Interview mit Josh Homme einen kurzen Blick auf deren Verfassung erhaschen will, teilt man mir mit: kein guter Zeitpunkt. Die Band habe letzte Nacht gefeiert und kaum einer habe geschlafen. Später erzählt mir Josh Homme, die Queens Of The Stone Age seien abseits der Bühne «Social Renegades», Abtrünnige, ein unkontrollierbarer Haufen. Kaum einer wisse jeweils, wie die anderen die Nacht verbracht hätten.
Auf der Bühne funktioniert der lose Verbund wie ein Schweizer Uhrwerk. Auch an diesem Abend in St. Gallen. Es wird das Rock-Highlight des gesamten Festivalsommers.
Nur einer fehlte. Dave Grohl am Schlagzeug. Der kam zwei Jahre später.
Dave Grohl und das Schinkensandwich
Sommer 2005, wieder im St. Galler Sittertobel. Der vielleicht grösste Rockstar der Gegenwart zeigt, dass es auch ohne Rockstar-Allüren geht. Während Audioslave (mit Chris Cornell und den Musikern von Rage Against The Machine) vor ihrer Ankunft fast das gesamte Backstage-Areal absperren lassen, klopft jemand an die Tür unseres Sendewagens.
Dave Grohl steht draussen, mit einem Schinkensandwich in der Hand. Er sei «supposed to do an Interview here», zu einem Interview verabredet.
Er nimmt Platz und nimmt sich Zeit, alle Fragen - auch zu Nirvana - höflich zu beantworten. Er, der Hinterbliebene, der Nirvana überlebte, den Kurt Cobain zu sich holte, weil er der beste Rockdrummer der Welt war.
In St. Gallen ist er längst Frontmann seiner eigenen Band, und feuert Kracher um Kracher ins Sittertobel, «Best Of You», «All My Life», «My Hero» und natürlich «Everlong». Songs, die jedes Festival, jedes Stadion der Welt in Wallung bringt. Stadionrock-Hymnen, die deutlich machen, weshalb die Foo Fighters viel mehr sind als die Band des legendären Nirvana-Schlagzeugers.