Geschmack ist faszinierend. Warum mögen wir manches Essen und anderes nicht? Die Dozentin für Ernährung an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, Christine Brombach, ist der Meinung, dass Geschmack eine Frage der Gewöhnung ist. Laut ihr müssen wir einen Geschmack acht bis 16 Mal probieren, bis wir ihn mögen. Doch ist es so einfach?
Je älter wir werden, desto mehr können wir uns an bestimmte Lebensmittel gewöhnen.
Vor allem als Kind ist es schwierig, sich Essen anzutrainieren. Denn dann wirkt unser biologisches Schutzprogramm. So nehmen viele Kinder den Geschmack von Oliven als zu bitter wahr. «Je älter wir werden, desto mehr können wir uns an Lebensmittel gewöhnen», erklärt Sensoriker Patrick Zbinden. Fakt ist aber auch, dass unsere Geschmacksvorlieben von x-Faktoren abhängen.
Der biologische Einfluss
Genetik und evolutionär abgespeichertes Verhalten spielen eine bedeutende Rolle bei der Geschmackswahrnehmung. So ziehen wir zum Beispiel Süsses dem Bitteren vor. Denn in der Natur bedeuten Bitterstoffe eher «giftig», und Süsse stehe für Energie, meint der Sensoriker.
Die hierfür wichtigen Gene sind individuell ausgeprägt. Einige Menschen nehmen Bitterkeit intensiver wahr als andere. Als erwachsene Person kann man diese Einflüsse bewusst steuern.
Der Einfluss der Gesellschaft
Auch psychologische und soziale Faktoren sind von Bedeutung, denn wir lassen uns von unserer Umwelt beeinflussen. Das bedeutet, dass wir Lebensmittel oft häufiger mögen, die in unserem Umfeld konsumiert werden. Gehören beispielsweise Oliven zum Apéro dazu, dann sind wir diesen gegenüber eher positiv eingestellt. Entsprechend spielt die soziale Prägung eine wichtige Rolle bei der Entwicklung unserer Geschmacksvorlieben.
Der Einfluss des Einkommens
Auch die Umstände, unter denen wir aufwachsen, spielen eine Rolle. «Das finanzielle Einkommen und der Bildungsstand beeinflussen unsere Ernährung und so auch die Vorliebe zu gewissen Lebensmitteln», sagt Patrick Zbinden. Häufig sind die Eltern Vorbilder. Wenn sie sich schlecht ernähren, müssen sich die Kinder gesundes Essen später bewusst antrainieren.
Der Einfluss der Medien
Nebst der Gesellschaft prägen auch Werbung und die sozialen Medien die Wahl des Essens und die Wahrnehmung. Oftmals wird uns suggeriert, dass bestimmte Produkte trendy oder gesund sind. Dies kann dazu führen, dass wir uns manipulieren lassen und sich unsere Geschmacksvorlieben entsprechend anpassen.
Die Selbstmanipulation des Geschmacks
Was wir Essen oder nicht ist also von x-Faktoren abhängig und wandelbar. Man kann sich teilweise selbst manipulieren und lernen, Essen zu mögen. Unser Gehirn kann Geschmäcker mit Emotionen verknüpfen und positive Erfahrungen können dazu führen, dass wir etwas mögen.
Entscheidend ist auch, dass man sich der Qualitäten bewusst ist: «Es gibt immer wieder Oliven von schlechter Qualität. Wenn man sich an den Geschmack von Oliven gewöhnen möchte, sollte man bewusst auf hochwertige Oliven setzen», sagt der Sensoriker.
Der Geschmack hängt jedoch nicht nur von eigenen Vorlieben ab. Laut Patrick Zbinden ist Geschmack von vielen Faktoren abhängig und nicht nur eine Frage des Willens. Schlussendlich bleibt die Geschmacksbildung eine spannende Reise, bei der wir die Wahrnehmung in unserem Gaumen immer wieder neu entdecken können.