Die Sowjetunion – Rückblick mit Wehmut oder Grauen
Die Erinnerungen an die Sowjetzeit könnten in Polen und Russland unterschiedlicher nicht sein. Der Blick zurück ist auch ein Blick in zwei ganz unterschiedliche Lebenswelten: In Polen erkennt niemand etwas Positives in dieser Zeit, Russland war die Besatzungsmacht. Was in Polen kursiert sind Witze über diese Zeit. Nach der Sowjetzeit ging es in Polen auch materiell aufwärts. Anders in Russland. Dort wird die Sowjetzeit auch mit materieller Sicherheit verbunden. In Russland sind die Affinitäten der Bevölkerung zur Sowjetzeit viel grösser. Einige trauern dieser Zeit gar nach. Viele Russen verstehen auch die Kritik der Polen nicht, denn aus ihrer Sicht hat die Sowjetunion Osteuropa befreit. Sarah Nowotny und David Nauer legen dar, wie diese Erinnerungen in Russland und Polen entstanden sind – und wie sich die Lebenswelten verändert haben.
Polen und die Sowjetunion im zweiten Weltkrieg
1945 ist für Russland die Geburtsstunde als Weltmacht. Der Sieg über Nazi-Deutschland hat das Land gross gemacht. Polen hat sehr viele Menschen verloren im Krieg – auch durch die Rote Armee. David Nauer und Roman Fillinger erläutern den virulenten Geschichtsstreit.
Russland schaut auch mit Wehmut auf die Zeit der Sowjetunion zurück, Polinnen und Polen dagegen graut es bei der Erinnerung an diese Zeit. Die Gründe dafür haben wir gestern an dieser Stelle gehört. Doch bereits vor dem Regime der Sowjets – zum Beispiel an der Geschichte des Zweiten Weltkriegs - scheiden sich die Geister. Für Russland ist das Jahr 1945 noch heute die Geburtsstunde der russischen Weltmacht – von diesem Mythos lebt das Land noch heute. Die Gräueltaten der Roten Armee werden in Russland entweder verdrängt – oder geleugnet. Polen dagegen sieht sich als Opfer nicht nur der Nazis, sondern auch der Sowjets. Im Massaker von Katyn hat die Rote Armee 1940 gar Tausende polnische Offiziere erschossen. Bei diesem hässlichen Streit goss Wladimir Putin diesen Frühling noch Öl ins Feuer, als er beim 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz sagte, Polen trage eine Mitschuld am Ausbruch des 2. Weltkriegs. Roman Fillinger und David Nauer kennen die unterschiedlichen Positionen der beiden Länder.
Die zwei starken Männer: Viktor Orban und Wladimir Putin
Beim letzten Besuch von Wladimir Putin in Budapest haben Demonstranten in der Nähe von Orbans Büro auf der Budapester Burg ein grosses Banner ausgerollt, mit einem Bild von Putin, Erdogan und Orban und dem Wort «Diktatoren». Putin und Orban – diese Herrscher werden von vielen oft im gleichen Atemzug genannt. Doch vergleichbar sind Wladimir Putin in Russland und Viktor Orban in Ungarn eigentlich nicht. In Russland kontrolliert der Kreml praktisch alle grossen Medien und unabhängige Journalisten geraten regelmässig unter Druck. Die Opposition ist komplett an den Rand gedrängt: auf allen wichtigen staatlichen Posten sitzen Leute, die loyal sind gegenüber Wladimir Putin. In Ungarn herrschen andere Zustände. Auch wenn Orban «Puszta-Putin» genannt wird und die Medien gängelt, gibt es unabhängige Stimmen im Land und namhafte Oppositionspolitiker. Auch wenn Orban immer wieder laut gegen die EU wettert, fügt er sich doch oft stillschweigend dem westlichen Druck. Auch das Machtgefälle zwischen Orban und Putin ist augenfällig; Putin würde Orban wohl nie als gleichwertiges Gegenüber ansehen. Roman Fillinger und David Nauer kennen die Unterschiede, aber auch die allfälligen Parallelen dieser beiden Herrscher.
Die Rolle von Trollen und Fake-News in der Politik
Wladimir Putin habe Präsident Trump zur Wahl verholfen: Dieser Vorwurf hat den amerikanischen Präsidenten von Anbeginn seiner Amtszeit an begleitet. Russland versucht mit einer Doppel-Strategie, im Ausland Einfluss zu bekommen. Einerseits verbreiten offizielle russische Staatmedien wie Russia Today (RT) oder Sputnik kreml-freundliche Nachrichten, andererseits gibt es verdeckte russische Informationskrieger. Bekannt ist das Beispiel einer Troll-Fabrik in St. Petersburg, die gezielt Fakenews verbreitete. In der Slowakei fallen solche Falschinformationen, z.B. zu Corona, auf fruchtbaren Boden. Wo und wie versucht Russland im Osten mit Fake-News Einfluss nehmen? Wie wirkt sich dies in der Slowakei aus? Welche Rolle spielen Fake-News in Osteuropa? Roman Fillinger und David Nauer arbeiten täglich in diesem Spannungsfeld.
Russlands kulturelle Softpower
Osteuropa konnte sich der Dominanz der russischen Kultur nicht entziehen. Dennoch versuchte man in den einzelnen Ländern, auch die eigene Kultur hochzuhalten. Ist dies gelungen? Oder steht nun Osteuropa unter dem Einfluss des Westens und der USA? Welche Rolle spielt heute die russische Kultur und wie wichtig ist der Westen, vor allem die amerikanische Kultur, geworden? In Bulgarien gibt es zwar ein bedeutendes russisches Kulturzentrum in Sofia. Doch sonst haben sich die Länder dem Westen und den USA zugewandt – kehren aber immer mehr auch zur eigenen Kultur zurück. Die Rückbesinnung auf die eigene Kultur und das eigene Kulturschaffen ist oft auch aus einer Enttäuschung über den Westen entstanden, vor allem über Europa. Daraus entwickeln sich nun prosperierende Kulturzweige: Polen hat beispielsweise eine blühende Game- und Science-Fiction-Industrie. Auch Russland hat eine lebendige Kulturlandschaft. Gerade Theater- und Filmschaffende arbeiten heute auf Weltniveau und machen eindringliche und aktuelle Kunst. Gleichzeitig wächst der Einfluss der westlichen Kultur: Russinnen und Russen schauen amerikanische Serien, Trends aus Europa werden gerne aufgenommen. Sara Nowotny und David Nauer nehmen uns mit in den Ausgang in Russland und Osteuropa.