Vergitterte Fenster, tagelanger Zellenarrest und pampiges Essen? In Witzwil Fehlanzeige! Hier in der grössten offenen Justizvollzugsanstalt der Schweiz gelten andere Regeln. Wer hier seine Haft absitzt, lebt in Wohngruppen. Die Gänge sind lichtdurchflutet, hier und dort sorgen Pflanzen für einen Farbtupfer. Wie gesagt: auf den ersten Blick harmonisch und angenehm wie der hauseigene Süssmost, der im Keller lagert.
Strukturen statt Zwangsarbeit
Rund 160 Häftlinge im Alter von 20 bis 70 Jahren sitzen in Witzwil ihre Haftstrafe ab. Die meisten davon landen hier wegen Drogenmissbrauch und Betrug, aber auch Vergewaltigung und Totschlag. Im angrenzenden 800 Hektare grossen landwirtschaftlichen Betrieb wird nebst Äpfeln auch Gemüse angebaut und Viehwirtschaft betrieben. Dabei werden die Häftlinge unter fachkundiger Aufsicht betreut.
Ziel ist es, dass die Insassen Strukturen erlernen und gut vorbereitet sind für das Leben in Freiheit nach der baldigen Entlassung. Dabei dürfen sie sich innerhalb der Sicherheitszonen relativ frei bewegen und haben sogar Anspruch auf Urlaub.
Gefängnis oder Kuschelknast?
Während Witzwil für seinen modernen Strafvollzug gelobt wird, gibt es aber auch viele kritische Stimmen. So wurde das Gefängnis schon als Kuschelknast bezeichnet oder die Haft in Witzwil als Witz. Diesem Vorurteil würden die Insassen gewiss vehement widersprechen. Obschon ihnen mehr Freiheiten zustehen als beispielsweise in einem Regionalgefängnis, sind sie letztlich doch Gefangene.