Joël Gilgen: Du sagst von Dir, dass du ein absoluter Weihnachtsfan bist?
Francine Jordi: Ich liebe den Weihnachtszauber voller Lichterketten und Kerzenschein. Gleichzeitig gefällt mir, dass es wieder etwas ruhiger wird. Die Menschen sind viel sensibler.
Warum schaffen wir es nicht das ganze Jahr über füreinander da zu sein?
Man nimmt sich auch wieder vermehrt Zeit für Familie und Freunde und hat ein offenes Ohr für seine Mitmenschen. Schade, dass viele Menschen nach dem 26. Dezember wieder umschalten. Warum schaffen wir es nicht das ganze Jahr über füreinander da zu sein? Leider sind gerade seit Corona viele Menschen noch egoistischer geworden.
Was hältst Du von Weihnachtstraditionen und Ritualen?
Sie sind sehr wichtig – besonders auch für Kinder und Jugendliche. Sie geben uns Halt und Geborgenheit in wirren Zeiten, wie wir sie gerade durchmachen. Bei mir stehen beispielsweise schon seit Anfang November vier Rentiere samt Schlitten im Garten. Von meiner Mutter erhalte ich jeweils einen Adventskalender mit lauter Krimskrams wie Kaugummi oder Lippenpomade. Unser Weihnachtsbäumli ist meistens ein kleines, krummes, aber dafür spezielles Tännli, das den anderen Platz machen musste. Ausserdem wird gewichtelt, wir trinken Glühwein, essen Fondue und backen Guetzli.
Mit Deiner Mutter zusammen hast Du gerade ein Kochbuch veröffentlicht. Findet man dort auch ein Rezept, das zur Weihnachtszeit passt?
An Weihnachten gibt es bei uns immer Rollschinkli mit Kartoffelsalat. Zum Apéro bereitet Papa dann jeweils Crostinis mit Dörrtomaten zu. Die kann man leicht vorbereiten und muss dafür an Weihnachten nicht mehr lange in der Küche herumstehen.
Rezept zum Herunterladen
Du hast jetzt mit «Dieses Stückchen Weihnacht» ein Weihnachtsalbum herausgebracht. Einfach so, weil es «zum guten Ton« gehört?
Nein, das muss schon von Herzen kommen, sonst würde man es bemerken. Ich habe vor 25 Jahren bereits ein Weihnachtsalbum herausgebracht. Die entsprechende CD ist mittlerweile aber vergriffen. Ein Update war also dringend nötig. Das Schöne daran ist: ein Weihnachtsalbum wird meistens ganz durchgehört. Man hat auch mehrere Jahre etwas davon. Ich habe mich konkret für ein Weihnachtsalbum entschieden, weil es zudem mein letztes Album sein wird.
Da muss ich jetzt nachhaken: es wird lediglich das letzte physische Album sein!
Genau. Natürlich mache ich weiter, aber das Hörverhalten der Menschen hat sich verändert. Viele besitzen keinen CD-Player mehr. Folglich werde ich fortan Lieder herausbringen, die man streamen oder downloaden kann.
Gibt es denn ein Lieblingslied auf deinem Weihnachts-Album?
Das kann ich nicht so generell beantworten. Ob Klassiker wie «Adeste Fideles» und «Stille Nacht» oder neue Kompositionen wie «Wunder» – es sind alles Lieder, die mich sehr berühren. Gerade «Wunder» bedeutet mir sehr viel.
Man erwartet immer ein Feuerwerk, dabei kommen Wunder meist ganz leise daher.
Viele Menschen werden vom Schicksal gebeutelt oder stecken in einer Krise. Da ist ein Aufsteller nötig – ein kleines Wunder. Man erwartet immer ein Feuerwerk, dabei kommen Wunder meist ganz leise daher. Das kann ein liebes Wort, ein offenes Ohr oder ein Zitat sein, das wieder neue Kraft bringt. Man muss einfach offen und bereit dafür sein.
Du sprichst aus persönlicher Erfahrung!
Stimmt. Viele denken, ich hätte keine Sorgen, da ich meistens gut gelaunt bin und oft lache. Aber auch ich hatte in meinem Leben schon mehrere Tiefschläge. Dennoch möchte ich positiv bleiben. Wir Menschen sind hier, um Erfahrungen zu sammeln und ein Regenbogen entsteht eben nicht nur durch Sonnenschein allein.
Das Gespräch führte Joël Gilgen