Auf der obersten Etage eines Mehrfamilienhauses in Zollikon mit Blick über den Zürichsee lebt der mittlerweile 80-jährige Jacob Stickelberger. Sein Arbeitszimmer wird nach wie vor durch Fachliteratur für Anwälte bereichert. In einer Ecke stehen ein Keyboard und eine Gitarre. Allesamt Relikte aus seiner Zeit als Rechtsanwalt und Liedermacher. Lieber erinnert er sich aber an seine Kindheit und vor allem an seinen geliebten Opapa.
Patron mit grossem Herz
Emanuel Stickelberger war ein Patron wie aus dem Bilderbuch. Er hatte gleich mehrere Anwesen, darunter auch ein stattliches Schloss am Bodensee. Als Spross einer grossbürgerlichen Familie konnte sich der Besitzer einer Chemiefabrik diese Annehmlichkeiten und das entsprechende Personal leisten.
Während viele Emanuel Stickelberger fast ehrfurchtsvoll begegneten, war seine Beziehung zum kleinen «Ghebi», wie er Jacob nannte, immer sehr speziell und innig. Mit ihm tollte er herum und gab sich ganz menschlich und nahbar. Noch heute, wo er selber im Grossvateralter ist, hängen Jacobs Gedanken deshalb oft an seinem Opapa.
Begehrter Anwalt und Liedermacher
Beruflich machte Jacob Stickelberger selber als Rechtsanwalt Karriere. Zu seinen Klienten zählten so prominente Namen wie das Trio Eugster oder der Ehemann von Ex-Bundesrätin Elisabeth Kopp.
Genauso engagiert war er als Chansonnier. 1969 trat er den Berner Troubadours bei und arbeitete eng mit Mani Matter zusammen – auch er übrigens hauptberuflich Rechtsanwalt. Gerade dieser Hintergrund schien die beiden jedoch zu beflügeln und ihre Kreativität anzuspornen. So schrieb Kabarettist Franz Hohler dereinst über Stickelberger:
Jacob Stickelberger ist Rechtsanwalt und als solcher mit den Ränken und Krümmungen menschlichen Denkvermögens eng vertraut.
Stickelbergers Chansons behandeln mitunter gesellschaftskritische Themen wie «Alkohol am Stüür» oder «Wenns schitter i dr Ehe steit». Seine Protagonisten müssen oft schwierige Entscheidungen treffen, die genauso oft zu einem schlechten Ende führen.
Als Liedermacher gab Stickelberger 2018 sein letztes Konzert.