Weder ihren schwarzen Pagenkopf noch die Farbe ihres kirschroten Lippenstifts hat Mireille Mathieu in mehr als einem halben Jahrhundert geändert. Sie sind eins mit dem Namen der Sängerin geworden, die seit den 1960er-Jahren Lieder von Liebe, Frankreich und Paris singt. Mehr Zeitlosigkeit und Beständigkeit in einer Person vereint kann es kaum geben. Daran wird sich auch nichts ändern: Die Französin, die am 22. Juli 2021 ihren 75. Geburtstag feiert, fühlt sich wohl, so wie sie ist.
Spatz von Avignon
Mehr als 130 Millionen Alben und 55 Millionen Singles hat sie nach Angaben auf ihrer Website verkauft, rund 1200 Chansons nahm sie in elf Sprachen auf; darunter Deutsch, Chinesisch und Finnisch. Eine besondere Schwäche für die kleine Französin haben ihre deutschsprachigen Fans, die die Sängerin als «Spatz von Avignon» verehren. Rund ein Drittel ihrer Alben werden in Deutschland, Österreich und der Schweiz verkauft. Ihre Schlager wie «Pariser Tango», «Hinter den Kulissen von Paris», «Akropolis Adieu» oder «Ganz Paris ist ein Theater» gelten als Kult.
Von der Hilfsarbeiterin zum Star
Ihr Privatleben hüllt sie so gut es geht in Schweigen. So sind keine Skandale über die nur 1,53 Meter grosse Französin bekannt. Sie kam als älteste von 14 Geschwistern in Avignon zur Welt. Ihre ersten Auftritte hatte sie schon als Kind in der Kirche und auf Festen. Weil sie unter Legasthenie litt, verliess sie die Schule. Sie begann als Fabrikarbeiterin ihr Geld zu verdienen und nahm früh an Talentwettbewerben teil. Im Jahr 1964 gewann sie mit Edith Piafs «Jezebel» die Ausscheidung für unbekannte Talente in Avignon. Damit begann eine kometenhafte Karriere, die über Nacht aus der einstigen Hilfsarbeiterin einen Star machte.
Bescheidenes Leben und Männergeschichten
Die Sängerin ist katholisch und konservativ. Ihre Stimme betrachtet sie als Geschenk Gottes. Sie sei sehr religiös und bete jeden Tag. Mathieu lebt zusammen mit ihrer Schwester Monique in einem Stadthaus im schicken Pariser Vorort Neuilly-sur-Seine. Familie ist für sie sehr wichtig.
Sie meidet die Sonne, schläft durchschnittlich neun Stunden, isst vorzugsweise Bioprodukte, raucht nicht und trinkt (Bordeaux und Champagner) nur in Massen. Über Liebe singt sie viel, redet aber kaum darüber. Natürlich habe es Männer in ihrem Leben gegeben. Aber ihre Privatsphäre sei ein geheimer Garten.
Kulturerbe Frankreichs
Mathieu zählt mit ihrer kraftvollen Stimme neben Dalida und Edith Piaf gewissermassen zum nationalen Kulturerbe Frankreichs. Im Jahr 1984 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz für ihre Verdienste um die deutsch-französische Freundschaft, 1999 wurde sie Ritterin der Ehrenlegion in Frankreich. Zu ihren Fans gehört sogar der russische Staatschef Wladimir Putin, vor dem sie 2008 im Grossen Saal des Kremlpalast gesungen hatte.