3500 Zünfter in farbenfrohen Kostümen, Trachten und Uniformen sowie über 350 Reiter und gegen 30 Musikkorps ziehen am Montag durch die Zürcher Strassen zum Sechseläutenplatz. Dort thront auf einem zehn Meter hohen Holzhaufen der Böögg, der am Abend in Flammen aufgeht. Je schneller er verbrennt, desto besser wird der Sommer, sagt man.
Immer wieder ein Genuss
Seit ihrem ersten Auftritt mit der Verenamusik Stäfa ist auch Irene Lustenberger regelmässig zu Gast beim Zürcher Sechseläuten. Und vom «Sechseläutenmarsch» hat die Schwyzerin noch lange nicht genug. Deshalb hofft sie jeweils, dass der Böögg lange brennt, damit sie auch den Marsch möglichst oft hören kann. «Ein Zusammenhang mit Brenndauer und Sommerwetter ist ja nicht erwiesen», meint sie lachend, und nutzt die Gelegenheit auf die spannende Geschichte des Marsches einzugehen.
Frankreich oder Russland?
Der «Sechseläutenmarsch» ist als unverwechselbare Melodie der Ohrwurm des Zürcher Frühlingsfestes. Doch die inoffizielle Hymne der Stadt hat ausländische Wurzeln.
Einige Quellen weisen Jean-Baptiste Lully als Komponist für den Sechseläutenmarsch aus. Tatsächlich gibt es gewisse Ähnlichkeiten zum «Marche des mousquetaires», den Lully im Auftrag von Louis XIV komponierte.
Als Ursprung wird aber hauptsächlich das Zarenreich genannt. In Russland wurde der Marsch als «Marsch der Fusstruppen zur Zeit Suworows» gespielt. Durch die Koalitionskriege (1792-1815) entstand ein reger Kontakt zwischen den Bündnistruppen der Russen, Briten, Preussen, Schweden, Österreicher und zahlreichen deutschen Kleinstaaten.
Ähnliche melodische Teile finden sich auch im englischen Marsch «The Coldstreamer». Preussische Truppen übernahmen ihn und nannten ihn «Marsch der freiwilligen Jäger» aus den Befreiungskriegen 1813-1815.
Der Weg in die Schweiz
Um 1870 spielten die Konstanzer Regimentsmusik und die Colmarer Dragonermusik am Zürcher Sechseläuten auf. In ihrem Repertoire befand sich auch der besagte Marsch. Der Dirigent der Metallharmonie Zürich-Wiedikon (damals Zunftspiel der Widder-Zunft) Robert Krauer gelangte in den Besitz der Noten. Der Erfolg liess nicht lange auf sich warten und so klingen die schwung- und kraftvollen Töne bis heute als «Zürcher Sechseläutenmarsch».