Noch heute denkt Karin Willmann wohl etwas wehmütig an ihren ursprünglichen Beruf zurück. Zumindest höre ich so etwas aus ihrer Stimme heraus, als sie mir bei meinem Besuch auf der Alp Curtegns oberhalb von Savognin davon erzählt.
Trotz ihrer Mehlstauballergie arbeitet Karin vorerst in der Backstube weiter. Nebenher begleitet sie öfters eine gute Freundin auf die Alp.
Hier oben läuft er ihr dann eines Tages plötzlich über den Weg: Ludwig, ein fescher, junger Alphirte aus Bayern. Der Oberstdorfer sieht so aus, wie man sich einen echten Älpler vorstellt:Kräftig, urchig, mit einem buschigen Bart im Gesicht und sonnengebräunter Haut.
Die beiden verlieben sich. 2012 wird geheiratet und bald darauf erblickt Tochter Julia das Licht der Welt.
Ludwig ist zwar ausgebildeter Zimmermann, will das Leben als Älpler aber nicht an den Nagel hängen. Schon als kleiner Bub verbrachte er die Sommerzeit als Hirtenjunge auf den Bergen, seit 18 Jahren ist er Älpler aus Leidenschaft.
Kommt Zeit kommt Rat
Für Karin kein Problem! Daher zieht es die Willmanns nach wie vor von Anfang Juni bis Mitte Oktober jeweils auf die Alp Curtegns.
Während der Wintermonate präpariert Ludwig in seiner Heimat Skipisten oder betreibt Beschneiungsanlagen.
Die beiden können gut davon leben, sie sind glücklich und werden von ihren Familien unterstützt. Was die Zukunft bringen wird und wie lange sie noch als Älpler leben wollen, lassen sie auf sich zukommen.
Eigentlich will ich mich gerade auf den Weg nach Hause machen, als plötzlich Hundegebell Ludwigs Ankunft ankündigt.
Papa kommt nach Hause
Sichtbar müde und abgekämpft, stapft er den schlammigen Weg zur Hütte hoch. Seine beiden treuen Hunde eilen schon einmal voraus, um mich neugierig zu beschnuppern.
Jetzt wird der kleinen Julia erst einmal ein dicker Kuss auf die Wange gedrückt, und dann freut sich Ludwig auf sein wohlverdientes Mittagessen.
«Rösti mit Bratwurst gibt es», kündigt Karin an und drückt ihren Mann dabei liebevoll an sich.So gesehen ist es dann eben doch nicht ganz unberechtigt, dieses gewisse Klischee des Hüttenzaubers.
Ich meinerseits genoss den kleinen Ausflug auf die Alp, wo ich dieses mir gänzlich fremde Älplerleben für ein paar Stunden hautnah miterleben durfte.
Ich will aber auch nicht abstreiten, dass ich mich schon wieder sehr auf gewisse Annehmlichkeiten und das turbulente Treiben freue, das mir eben nur eine Stadt bieten kann.