Im Märchen-Atelier von Sylvia Diethelm trifft man auf Märchengestalten, entdeckt ein Spinnrad oder eine Schatzkiste voller Bücher. In diesem Raum sollen Geschichten erlebbar werden. Denn die Baslerin will mehr als erzählen, sie will für ein sinnliches Erlebnis sorgen. Klein und Gross können hier ihren Geschichte nicht nur zuhören, sie können Gegenstände, die darin vorkommen, auch sehen oder berühren.
Hauptsache Geschichten
In ihrer Ausbildung zur Religions-Lehrerin befasst sich Sylvia Diethelm zuerst mit religiösen Geschichten. Später lässt sie sich in Winterthur zur Märchen-Erzählerin ausbilden. Mit grosser Begeisterung erzählt sie heute auch Sagen – und erreicht dadurch ein breiteres Publikum. «Für Märchen interessieren sich vorwiegend Frauen. Sagen wecken auch bei Männern das Interesse», so Diethelm.
Was Sylvia Diethelm bei Sagen besonders schätzt ist, dass sie sie auf Mundart erzählen kann. Das hat für sie einen doppelten Wert: Die Sprache wird als Kulturgut gepflegt und die Geschichten wirken authentischer. «Ich kann sie zu meiner eigenen machen, mit meinen Worten, auf meine Art, mit meinem Humor erzählen.»
Im Dezember erzählt Sylvia Diethelm jeden Donnerstag eine Sage aus ihrem reichen Repertoire an Geschichten, sie heissen: «S'Silbrige Rhyglöggli», «Dr gääl Maa uff d Rhybrugg», «D'Schatzgräber vo dr Räbgass», «S'Glaibasler Untier».
Sagen aus Basel-Stadt und Basel-Landschaft
«Um ei Million z'spoot»
Ein Seidenbandweber soll zwei Geister erlösen und dafür einen Schatz erlangen. Er darf davor aber weder Alkohol trinken noch gehen, fahren oder reiten.
«D'Häxematte in Prattele»
Von überall her kamen die Hexen nach Prattelen an die Hexenmatte. Am liebsten tanzten die Anwesenden um einen dürren Baum. Drei Hexen-Frauen hatten mit dem Höllenfürst eine Begegnung. Gleich darauf entwickelten sie übersinnliche Fähigkeiten. Mit dem selbst hergestellten Hexenwasser richteten sie grosse Schäden an.
«Dr Ritter vo Pfäffige»
Ein gefürchteter Ritter aus Pfeffingen will seinen Stand schützen und bevormundet seine Schwestern. Ein teuflischer Zwerg öffnet ihm die Augen.
«S'Glaibasler Untier»
Ein Untier verängstige alle Menschen in Kleinbasel. Immer wenn die Mägde mit dem Kupferkessel zum Brunnen gingen, kam das Untier und erschreckte sie. Als sich die Mägde wieder aus dem Hause trauten, waren alle Kupferkessel verschwunden. Der Ratsherr und Hauptmann Burgert aber hatte keine Angst vor dem Untier.
«D'Schatzgräber vo dr Räbgass»
Es war im Jahr 1680: Zwei ehrbare Kleinbasler sitzen abends beisammen, geniessen einen guten Tropfen und plaudern über Gott und die Welt. Plötzlich entdecken sie eine Wölbung in der Wand. «Dahinter ist bestimmt ein Schatz», vermuten beide und beginnen ein Loch in die Wand zu hämmern. Schliesslich entdecken sie dahinter tatsächlich lauter wertvolle Gegenstände – bergen mit dem Schatz aber auch eine böse Überraschung.
«Dr gääl Maa uff dr Rhybrugg»
Bei der Französischen Expansions-Politik unter Louis XIV im 17. Jahrhundert, spielte die Basler Rheinbrücke ungewollt eine tragende Rolle. Drei Stockschläge aufs Brückengeländer – als geheimes Zeichen – gaben den Franzosen grünes Licht zur Eroberung von Strassburg, wie die Sage «Dr gääl Maa uff dr Rhybrugg» erzählt.
«S'silbrig Rhyglöggli»
«Z'Basel an mym Rhy, jo, dert mecht i sy!», heisst es in einem alten Volkslied. Für Basler hat der Rhein eine grosse Bedeutung. Wen wundert's, dass er auch in vielen Basler Sagen eine Rolle spielt. So auch in der Geschichte «S'silbrig Rhyglöggli». Sie handelt auch von der unendlichen Liebe zu einer Rhein-Nixe.