Aufgewachsen ist Rita Breu in Weissbad, vier Kilometer entfernt von Appenzell. Mit Sagen wurde sie schon als Kind regelmässig konfrontiert. «Ich wollte immer, dass mein Vater mir eine Sage erzählt, musste aber feststellen, dass er nur noch Bruchstücke dieser Geschichten kannte.»
Sagen versuchen einem Dinge oder Umstände zu erklären, die schwer zu begreifen sind.
Sie selber kann heute auf wertvolle Sagen-Sammlungen zugreifen. So ist der Appenzeller Sagenschatz zum Beispiel Roland Inauen zu verdanken, dem Leiter des kulturhistorischen Museums Appenzell.
Auf ihren Führungen durch Appenzell begeistert Rita Breu Gäste aus aller Welt mit Geschichten aus ihrer Heimat. Sprachlich setzt sie dabei auf ihren Dialekt oder auf Deutsch. «Auf Englisch oder Französisch käme mein Sprachwitz nicht zum Zug», meint die charmante Appenzellerin.
Mit Charme zum Ziel
A propos Charme: Dieser wird allen Appenzellerinnen nachgesagt. «Wir Frauen in Appenzell hatten ja lange kein Stimmrecht. Also setzten wir unseren ganzen Charme ein, damit unsere Männer zum Wohle von uns und der ganzen Familie abstimmten.»
Appenzeller Sagen von Rita Breu
«D'Bommerzwergli»
In den Höhlen des Alpsteins wohnten kleine, behaarte Gestalten, die dort seit jeher mit Rehen und Gämsen ihre Sennerei betrieben. Die Zwerge ermahnten Jakob auf Bommen, als er die Rehe und Gämse, die zwischen seinem Vieh standen, vertrieb. Wenn er sie nicht in Ruhe liess, geschehe ihm und seinem Vieh furchtbares, sagten die Zwerge. Jakob's Neugier war zu gross.
«Ebenalphöhli»
Damit der Knecht Toni mit den Hexen tanzen kann fehlt nur eine Unterschrift im Buch des Teufels. Aber der kluge Bursche durchschaut den teuflischen Plan. Mit einer List gelingt es ihm den Leibhaftigen so zu verscheuchen, dass die Spuren davon noch heute sichtbar sind.
«S'Häxewäldli»
«S'Häxewäldli» nennen die Appenzeller einen kleinen Waldstock mit Zwergtannen. Tief im Wald gibt es eine Höhle, in dem vor vielen Jahren ein kleines Zwergvolk gehaust haben soll. Als die Zwergenkönigig einen Sohn gebar, wurde eine Hebamme aus dem Dorf in die Höhle geholt. Doch anschliessend brachte sie ihre Neugier um den grosszügigen Lohn für ihre Dienste.
«D Wasserjumpfere vom Wissbad»
Als Franzseep zur Vesperzeit wieder einmal an seinem Lieblingsplatz am Bach sass, sah er eine unbeschreiblich schöne Jungfrau mit langen blonden Haaren. Das muss wohl die sagenhafte Wasserjungfrau sein, dachte er sich. Sie verdrehe jedem Mann den Kopf, damit er ihr ins Wasserreich folge. Und alsbald war es auch um ihn geschehen.