Seit 1847 nutzen Herr und Frau Schweizer hierzulande die Eisenbahn. Lange genug um anzunehmen, eine simple Naturgewalt wie Schnee sei für die SBB mittlerweile Peanuts. Doch weit gefehlt: Noch heute kann das nasse Weiss zu Verspätungen auf dem Schienennetz führen. Mediensprecher Daniele Pallecchi nennt zwei wesentliche Gründe dafür.
Grund 1: Mehr Passagiere
Je mehr Schnee auf den Strassen liegt, desto mehr Autofahrer steigen aus Angst vor einem Blechschaden auf den öffentlichen Verkehr um: «Die SBB sind eine der pünktlichsten Bahnen Europas. Doch wenn man mehr Fahrgäste transportiert, befinden sich auch mehr Leute auf dem Perron», so Pallecchi.
Bis die Passagiere wieder ein- und ausgestiegen sind, dauert das pro Bahnhof nur wenige Sekunden mehr, fährt der Zug aber 30 Stationen ab, sind wir bald im 10 Minuten Bereich.
Grund 2: Der Flugschnee
Neben einer erhöhten Passagierzahl, kann der SBB aber auch der Schnee selbst zu schaffen machen. «Der Flugschnee, also der Schnee, der vom Zug aufgewirbelt wird, sammelt sich unter dem Waggon an und kann pro Wagen mehrere Tonnen ausmachen.»
Fährt der Zug durch einen wärmeren Tunnel oder über eine holprige Weiche, kann sich dieser Flugschnee lösen, wodurch ziemliche Eis- und Schneebrocken auf den Weichen landen und sie blockieren – da die Weichenheizung nicht mehr mitkommt.
Und: Bleibt ein Zug stehen, ist der Domino-Effekt im stark befahrenen Netz natürlich vorprogrammiert. Auch eine Tür- oder Trittbrettstörung könne demnach zu Verspätungen führen, sollte etwa die Mechanik voller Schnee sein und deren Funktionsweise beeinträchtigen: «Aus Sicherheitsgründen dürfen wir in einer solchen Situation nicht losfahren. Dabei benutzen wir das beste Material, das auf dem Markt erhältlich ist», meint Pallecchi.
So reagiert die SBB auf den Schnee
Neben der Tatsache, dass die Wintersaison für die SBB sowieso bereits im Sommer beginnt (Weichenheizungen oder Klimageräte kontrollieren), bedeutet der Winter keinen allzu grossen Mehraufwand für sie. Nicht einmal das Fahrverhalten der Lokführer müsse analog der Automobilisten angepasst werden.
«Das System ‹Stahlrad auf Stahlschiene› verhält sich anders als ein Gummirad auf einer Eisfläche. Natürlich haben wir grundsätzlich längere Bremswege, aber wir sind alleine auf den Schienen unterwegs. Ausserdem ist die Auflagefläche eines Lokomotivrades sehr gering. Eine ca. 80 Tonnen schwere Lokomotive steht mit ihren Rädern auf wenigen Quadratzentimetern.»
Heisst also, beim ersten Schneefall bricht nicht gleich Panik, Frustration und wildes Gefluche im Büro aus? «Überhaupt nicht, eigentlich haben wir Schweizer den Schnee ja gerne», lacht Pallecchi.
Natürlich, wenn man in Airolo schon 30 Tage lang Schnee schaufeln musste, freut man sich, wenn der Frühling wieder kommt.