*Triggerwarnung: Wenn du Gewalterfahrungen wegen deiner sexuellen Orientierung gemacht hast, könnte folgender Beitrag retraumatisierend für dich sein. Please take care.*
Auch im Februar 2021 ist die Schweiz noch nicht frei von gewaltsamen Angriffen auf Menschen der LGBTQ+-Community. Kürzlich so geschehen in Zürich, als Vincenzo und seine Begleitung in der Nähe des Bahnhofs Stadelhofen angegriffen werden.
Vinc: Verfolgt und ins Gesicht geschlagen
Vincenzo (16) sagt, dass er attackiert und ins Gesicht geschlagen worden sei, weil er seine Sexualität offen lebe. Auf TikTok oder Instagram zeigt Vincenzo, wie er als Transperson lebt. Der zurzeit noch inhaftierte Täter bestreitet, dass der Angriff homo- oder transphob gewesen sei.
Auch wenn Kantone wie beispielsweise Zürich nun begonnen haben, sogenannte Hate Crimes polizeilich zu erfassen oder im Nationalrat der Vorstoss vorliegt, dass Gewalt an der LGBTQ+-Community aufgrund sexueller Orientierungen besser geahndet werden – viele Menschen machen immer noch Erfahrungen mit Hate Crimes. Das zeigen auch die Erfahrungen folgender fünf Menschen aus der LGBTQ+-Community:
Miruh: Verprügelt im Zug in Genf
Miruh (24) studiert in Genf und arbeitet als Model. Drei Männer greifen ihn im Sommer 2020 tätlich an und rauben ihn aus – das Strafverfahren gegen einen dieser Täter läuft. «Eine Frau im Zug war mein Schutzengel», sagt Miruh im Gespräch mit SRF Virus. Sie habe die Jungs wiedererkannt und sich für Miruh eingesetzt.
Noelia: Verbal bedrängt im Niederdorf in Zürich
Influencerin und Studentin Noelia (21) kann ein Lied davon singen, was Übergriffe auslösen: Im Zürcher Niederdorf seien sie und ihre damalige Freundin von einem älteren Mann sexistisch bedrängt worden. Er habe ihnen vorgeschlagen, er könnte sich ja zum lesbischen Paar dazugesellen und sie könnten zu dritt Spass haben.
«So etwas würde eine Frau niemals zu einem schwulen oder geschweige denn einem Heteropärchen zurufen. Das ist nicht nur homophob, sondern auch sexistisch», sagt die 21-Jährige. Was ändere es am persönlichen Leben von Individuen, die sich heute an der LGBTQ+-Community stören würden, wenn gleichgeschlechtliche Paare freier leben dürften, fragt sie sich. «Nichts», findet Noelia.
Eddie: Gewaltandrohung wegen Make-up
Eddie (31) war im Ausgang, als ein Bekannter ihn sieht und durch sein Auftreten überrascht wird. Nach einer gewissen Zeit sucht er Eddie auf und sagt ihm, dass er nicht gewusst habe, dass Eddie so lebe. Es bleibt nicht dabei und der Bekannte von Eddie droht: «Ich verhaue dich, wenn ich jemals wieder mit Make-up sehe.»
Noch übler findet Eddie, wenn Menschen nicht glauben, dass es Hate Crime auch in der Schweiz gebe oder sagen, es sei sogar verdient gewesen. «Dann will ich mich am liebsten verkriechen», sagt Eddie.
Pascal: Böse Blicke wegen der Regenbogenflagge
Ex-Schiedsrichter und heutiger Lehrer Pascal Erlachner (41) sehnt sich danach, dass die Gesellschaft Nicht-Heterobeziehungen normalisiert. «Mein damaliger Freund und ich führten gemeinsam eine Bar zusammen. Wir wurden immer wieder gefragt, ob auch normale Menschen in unserer Bar etwas trinken dürften», erzähl Pascal.
Wenn er seinen Mundschutz mit dem darauf gestickten Regenbogenherzchen trage, fange er immer wieder böse Blicke ein, sagt der 41-Jährige. Er wünsche sich, dass alle so leben können, wie es für sie stimme. Die Zeit sei reif, dass sich endlich alle sexuellen Orientierungen normalisieren würden. Mit der Schulklasse bespricht Pascal immer wieder das Thema Toleranz und hofft, so einen Beitrag leisten zu können.
Brian: Mit einem Stein attackiert
Brian (20) kennst du von Instagram oder TikTok. Auf seinem Nachhauseweg fliegt ein Stein grösser als sein Kopf an seinem Gesicht vorbei. Die darauffolgende Zeit nimmt Brian öfters ein Taxi, um von A nach B zu kommen. Die Angst hat Brian aber mittlerweile abgelegt und geht selbstsicher durch die Welt.
«Du musst nicht der Meinung sein, dass Gleichgeschlechtlichkeit ok ist. Aber du musst andere Lebensformen akzeptieren und im Zweifelsfall deine Meinung für dich behalten – denn du weisst nie, was deine Ablehnung bei deinem Gegenüber auslösen kann», sagt Brian.
Milky Diamond: Verfolgt in der Luzerner Innenstadt
«Wegen meiner Ausdrucksweise wurde ich in Luzern, wo ich früher lebte, oft verfolgt und bedrängt», sagt Milky Diamond (27). Das habe zur Folge gehabt, dass Milky die Haare zu einem Zopf band oder eine Zeit lang unter einem Hut versteckte.
«Wir haben die Pride und zunehmend mehr Rechte», sagt Milky. Aber die Gesellschaft sei noch lange nicht dort, wo sie sein sollte. Das sei an solchen Hate-Crime-Schlagzeilen zu sehen, stellt Milky Diamond weiter fest.
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