Geboren ist Caterina Mafrici in Abidjan an der Elfenbeinküste, wo sie bis zu ihrem 11. Lebensjahr lebt und zur Schule geht. Danach kommt sie – heute besser bekannt unter ihrem Künstlernamen KT Gorique – in die Schweiz. «Man muss seine Familie verlassen und weiss nicht, wann man zurückkommt. Das ist sehr schwierig», erzählt sie.
Neue Heimat in der Multi-Kulti-Stadt
Doch die Anpassung fällt ihr relativ leicht: «Ich kann mich sehr gut anpassen. Das kommt davon, weil ich ‹mixed› bin.» Ihr leiblicher Vater war Italiener, ihre Mutter ist von der Elfenbeinküste. KT Gorique spricht Italienisch, ivorischen Dialekt und Französisch. Heute lebt die 29-Jähre in Martigny im Kanton Wallis. Das sei eine der multikulturellsten Städte im Wallis: «Ich glaube, es gibt hier 119 verschiedene Nationalitäten.»
Wenn du jemanden so nennst, bist du ignorant. Weil sogar wir unter uns brauchen dieses Wort nur sehr selten. Ich kann dir nichts Vergleichbares sagen. Es existiert kein solches Wort. Ganz einfach.
KT Gorique erinnert sich an ein Erlebnis, bei dem sie von ein paar Jugendlichen verwechselt wurde und diese ihr «Nigga» hinterherriefen. «Ich drehe mich um und sehe nur weisse Jugendliche, vielleicht 16 Jahre alt, und frage: ‹Meinst du mich?›». Sie hätten sich entschuldigt und gemeint, sie mit einem Kollegen verwechselt zu haben. KT Gorique wird wütend: «Also nennst du deinen Freund so? Seid ihr euch bewusst, dass das kein netter Spitzname ist? Solche Sachen sagt man nicht!» Es sei einfach ein Teil von ihr, nicht aufs Maul zu sitzen und gehöre zu ihrem Leben: «Wenn ich etwas ungerecht finde, bin ich die Erste, die ‹Nein!› sagt.»
Es stehe schon so in den Geschichtsbüchern: «Die Gewinner schreiben die Geschichte.» Man sehe das in der Art und Weise, wie eine Gesellschaft funktioniere. «Wenn einem Kind ein Leben lang erklärt wird, die grossen Eroberer seien Leute wie es, die intelligentesten Menschen seien Leute wie es, die grossen Erfinder seien Leute wie es, dann fühlt es sich, wenn es erwachsen ist, besser als die anderen.»
Wenn ein Kind aus der Schule kommt, hat es den Eindruck: Afrika – das waren zuerst Wilde, dann Sklaven.
Umgekehrt hätten beispielsweise dunkelhäutige Menschen während Jahrhunderten zu hören gekriegt, dass sie nie etwas verstanden, nie etwas erfunden hätten, dass sie nicht intelligent seien. «Wenn du einem Kind immer wieder sagst, du schaffst das nicht. Dann wird es irgendwann selber glauben, es werde es nie zu etwas bringen. Das ist genau so.» Darum sei es die Aufgabe der Schule und des Bildungssystems, damit aufzuhören.
Angegriffen im Zug
Als KT Gorique ohne Bahnbillet im Zug erwischt wird, gibt sie dem Kontrolleur ihre ID, damit er ihr die Busse ausstellen kann. «Als er damit weglief, folgte ich ihm. Er sagte: ‹Hör auf, so nah hinter mir herzulaufen. Leute wie du sind schlecht.›» Die blöden Witze und Provokationen hätten sich immer mehr gesteigert, bis sie aus dem Zug stiegen. «Er hat mich gepackt, mich gegen die Barrieren gedrückt und gesagt: ‹Verschwinde hier, sonst vergewalte ich dich.› Neben ihm stand seine Kollegin. Eine Frau. Sie hat gelacht. Sie hat die ganze Zeit nur gelacht.»
Es gibt mir das Gefühl, ich sei ein in Parasit. Dass ich die Leute hier störe. Ganz ehrlich, es bricht mir das Herz.
Solche Erlebnisse machen ihr zu schaffen. KT Gorique hat eine Schwester, die schon Kinder hat, und sie fragt sich: «Wenn sie mal in meinem Alter sind, müssen sie sich dann immer noch im Zug rechtfertigen? Es reicht jetzt. Es ist zu viel, es reicht.»