Dass Amel Delilovic, wie Rapper Bossnak bürgerlich heisst, in der Schweiz lebt, ist eigentlich ein kompletter Zufall. Als 1992 der Bosnienkrieg ausbricht, macht er sich mit seiner Mutter und seiner Schwester auf die Flucht. Drei Tage lang navigieren sie durch den Wald, immer in Angst, dass an der nächsten Ecke ein Sniper oder ein wildes Tier lauern könnte.
Nach der langen Strecke zu Fuss erreicht die Familie Italien. Dort ist der Plan, mit dem Zug in einen anderen Teil des Landes zu reisen. Eigentlich. Bossnaks Mutter erwischt jedoch einen falschen Zug und landet mit ihren Kindern unverhofft in der Schweiz.
Vom Asylheim zur eigenen Wohnung dank Tradition
Wir lebten zu viert auf 12 Quadratmetern.
Einfach ist es für die Familie hier nicht: Sie landet im Asylzentrum Embrach, wo sie über ein halbes Jahr lang auf gerade mal zwölf Quadratmetern lebt. «Ich habe viele Erinnerungen an diese Zeit, weil es mein erstes Zuhause in der Schweiz war. Das ist prägend», erzählt der Rapper.
Anders als in Bosnien, wo sein Vater Fussballprofi und seine Mutter Bankangestellte waren, sind sie hier nun plötzlich von Armut betroffen. Mit den vier Franken, die ihnen pro erwachsene Person zur Verfügung stehen, kommen sie nicht weit.
Gäbe es Traditionen wie die Beschneidung nicht, weiss ich nicht, wie wir an Geld gekommen wären.
Mit dreieinhalb Jahren wird Bossnak beschnitten: «Als ich aus dem Spital zurückkam, gab's eine Riesenfete», erinnert er sich. Und seine Beschneidung legt einen weiteren Grundstein für das Leben in der Schweiz.
Die Familie wird nämlich – obwohl andere auch nicht viel haben – mit Geld beschenkt. 1'500 Franken kommen zusammen, genug um die Kaution für die erste Wohnung in Kloten zu bezahlen. «Gäbe es Traditionen wie diese nicht, weiss ich nicht, wie wir an Geld gekommen wären.»
Integration? Ein leidiges Thema
Heute lebt Bossnak in einer eigenen Wohnung in Zürich. «Ich muss nicht mehr weiter flüchten, ich kann mich hier niederlassen. Meine Wohnung gibt mir dieses Gefühl.» Und dafür hat er auch hart gearbeitet: Schule, Lehre, Studium und Weiterbildung hat Bossnak hinter sich und arbeitet mittlerweile als Firmenkundenberater.
Ich habe mit meinem Werdegang doch genug bewiesen, dass ich mich gut integrieren kann.
Bossnak beschreibt seinen Werdegang so: Der kleine Junge aus Bosnien kommt in die Schweiz und reisst sich den Arsch auf. Deshalb nervt ihn die Diskussion um Integration auch. «Ich habe doch damit genug bewiesen, dass ich mich gut integrieren kann», sagt er und fügt an: «Ich will diesen Kampf nicht noch 30 Jahre lang führen. Es wäre schön, wenn dieses Thema endlich gegessen wäre.»