Jeder, der Ridley Scotts Epos «Gladiator» kennt, kann sich an Bösewicht Commodus erinnern. Aber wer erinnert sich, dass dieser Jammerlappen von Joaquin Phoenix gespielt wurde?
Auf jeden Fall scheint Phoenix die Rolle des hinterlistigen Fieslings sichtlich Spass gemacht zu haben. Eigentlich ein kleines Wunder, dass man im Hintergrund des Films nicht irgendwelche Bissspuren erkennen kann, die entstanden sind, weil Phoenix bei seinem intensiven Schauspiel versehentlich in den Kulissen reingebissen hat.
Für das Portrait von Commodus erhielt Phoenix seine erste von bisher drei Oscar-Nominierungen. Daumen runter im Film – Daumen hoch von uns.
Phoenix’ zweite Oscar-Nominierung erhielt er für das Johnny Cash-Biopic «Walk the Line» – für das es in dieser Liste aber definitiv keinen Platz hat.
Stattdessen richten wir alle Scheinwerfer auf Oscar-Nominierung #3! Denn das, was Joaquin Phoenix mit Philip Seymour Hoffman in Paul Thomas Andersons «The Master» durchzieht, ist nur mit einem Wimbledon-Final zwischen Roger Federer und Rafael Nadal zu vergleichen. Eine «Tour de Force», für die man das Loblied nicht genügend laut anstimmen kann.
In Spike Jonzes «Her» verliebt sich Grusskarten-Schreiber Theodore Twombly in eine Computerstimme. Dass wir ihn trotzdem weder als Loser, noch als seltsamen Creep wahrnehmen, dem wir nachts nicht in der gleichen Strasse begegnen möchten, verdanken wir einzig und allein Joaquin Phoenix.
Eine vielschichtige und komplexe Performance in einem der besten und zukunftsweisenden Filme dieser Dekade – mit einem überraschend zarten Joaquin Phoenix.
Mit US-Regisseur James Gray hat Phoenix bereits mehrmals zusammengearbeitet, unter anderem auch im unterschätzten Drama «The Immigrant», in welchem Phoenix einmal mehr eine schauspielerische Seite von sich zeigt, die man bis zu diesem Zeitpunkt noch nie zu Gesicht bekommen hat.
Eigentlich kann jeder, der die Rolle des Jokers annimmt, nur verlieren. Vor zehn Jahren lieferte Heath Ledger die scheinbar definitive Performance des Batman-Erzfeinds ab – und erhielt dafür (nach seinem Tod) sogar einen Oscar.
Nachdem Jared Letos Joker-Versuch in «Suicide Squad» gründlich in die Hose ging, zeigt uns Joaquin Phoenix nun, dass es auch anders geht.
Phoenixs Joker ist kein psychopathischer Massenmörder, der Böses tut weil er «einfach böse» ist, sondern ein gebrochener Mann, der von einer kaputten Gesellschaft quasi in diese Rolle gedrängt wurde.
Egal was man von «Joker» und seinem mangelnden Tiefgang hält, Joaquin Phoenix unwiderstehlicher und unberechenbarer Kraftakt machen den Film mehr als sehenswert.