Wenn ich mich in meinem Freundeskreis umhöre, haben viele bereits negative Erfahrungen beim Kauf der Pille danach gemacht. Man fühlt sich bevormundet, die ApothekerInnen sind nicht empathisch und man wird teilweise fast verurteilt. Hier sind einige Geschichten:
Meine eigene Erfahrung
Ich bin 28 und musste die Pille danach bereits zweimal einnehmen – ja, wer möchte, darf mich gerne verurteilen, ist mir Wurscht. Und ich hatte zwei völlig konträre Erlebnisse.
Beim ersten «Unfall» war ich 17, in einer festen Beziehung und ging mit meinem damaligen Partner in die Apotheke. Im Dorf – was wahrscheinlich ein Fehler war im Nachhinein betrachtet. Die Situation war sehr unangenehm, ich schämte mich bereits beim Aussprechen des Satzes «ich brauche die Pille danach» sehr fest. Ich wurde in ein Besprechungszimmer geführt und dort ging es los. Nach den üblichen medizinischen Fragen begann die Bevormundung und das Verurteilen. Warum hast du nicht aufgepasst? Selber schuld! Weisst du denn nicht, wie man richtig verhütet? Ich verliess die Apotheke mit einem mulmigen Gefühl und mit der Hoffnung, ich käme nie mehr in diese Situation.
Dann, mit 27, war ich wieder an einem Punkt, an dem ich mich dazu überwinden musste, in die Apotheke zu gehen. Ich war nervös, geprägt vom letzten Erlebnis. Der Apotheker war sehr jung und völlig entspannt. Es war mir in keinem Moment unangenehm, er belehrte mich nicht und gab mir lediglich eine sachliche Einschätzung, ob es sich lohnen würde, die Pille danach überhaupt zu nehmen oder nicht. Ich sagte ihm sogar noch, dass ich es viel schlimmer in Erinnerung hätte. Dazu meinte er nur: «Weisst du, hier kommen so viele Frauen vorbei, für mich ist das völlig normal. Aber in einer Dorfapotheke wird das wohl nur sehr selten der Fall sein.»
Der schmierige Apotheker
Bevor Ella in die Apotheke ging, hatte sie kein schlechtes Gefühl. Schliesslich ist man dort ja an der richtigen Adresse, dort soll einem geholfen werden. Als sie die Pharma-Assistentin dann darauf ansprach, rief diese laut (für alle hörbar) den Apotheker und fügte noch an, um was es genau geht.
Anschliessend wurde sie in ein Zimmer geführt, wo zuerst noch eine Putzfrau war. Diese verliess dann den Raum, der Apotheker kam. Er sah schmierig aus, packte den Ordner mit allen Formularen aus und liess ihn offen liegen, als er nochmals etwas holen musste. Und zwar so, dass man alles hätte lesen können über andere Kundinnen. Als sie ihm dann erläuterte, wie es dazu kam – das Kondom ist gerissen – fragte er sie herausfordernd, wie genau es denn passiert wäre. Provozierend schoss sie zurück, ob er wissen wolle in welcher Stellung es geschah, hätte er sich ziemlich ertappt gefühlt und lachte komisch.
Unhöflich und verurteilend
Sina* sagt, dass sie sich beide Male verurteilt fühlte, als sie die Pille danach holte. Wird man für das Beratungsgespräch in ein anderes Zimmer geführt, ist dies schon relativ unangenehm. Doch dann noch verurteilend und unhöflich behandelt zu werden, macht das Ganze noch schlimmer. Manchmal sind es nicht einmal die Fragen, die verurteilend sind, sondern wie und in welchem Tonfall sie gestellt werden. Sina sagt: «Das ist doch mega unnötig. Die wenigsten Frauen wollen die Pille danach nehmen. Es ist doch besser, dass man die Pille danach nimmt und weiss, dass man diese Möglichkeit hat, statt sich dann zu genieren und eine Schwangerschaft riskieren, die man gar nicht will.»
*Name von der Redaktion geändert
Unangenehme Erlebnisse beim Kauf der Pille danach müssen jedoch nicht immer mit der Apothekerin oder dem Apotheker zu tun haben, wie die nächste Geschichte zeigt:
Der spanische Unfall
Lara* war mit ihrem Freund in den Ferien in Spanien, es kam zum Unfall: das Kondom riss. Ok, shit. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg ins nächste Spital. Dort angekommen, realisierten sie schnell, dass niemand auch nur ein Wort Englisch sprach und sie selbst sprachen kein Spanisch. Wie soll man nun also dem Personal erklären, was zu tun ist? «Wir haben es mit Händen und Füssen versucht, doch sie haben uns einfach nicht verstanden. Dann kam mir die Idee, dass sie ‹Kondom› wohl verstehen würden. Also habe ich ihnen gesagt: ‹Kondom. Peng!›. Das war zwar unangenehm, aber sie haben es verstanden.»
*Name von der Redaktion geändert
Im Grundsatz sei gesagt, dass es zwar viele Frauen gibt, die schlechte Erfahrungen beim Kauf der Pille danach gemacht haben, es jedoch oft auch angenehm – der Situation entsprechend – sein kann. So wie in meinem persönlichen zweiten Beispiel. Wichtig ist: Fühlt man sich schlecht behandelt, kann man die Apotheke auch einfach wieder verlassen. Man muss sich nicht alles gefallen lassen und findet mit Sicherheit jemanden, der einen kompetent und freundlich beratet.
Wichtige Eckdaten zur Pille danach
- Die Pille danach ist keine Abbruchspille und ist nicht zu verwechseln mit der Abtreibungspille.
- Sie sorgt lediglich dafür, dass der Eisprung später eintritt und sich die Spermien so nicht in der Eizelle einnisten können.
- Hat der Eisprung bereits begonnen, wirkt die Pille danach nicht mehr. Es kann dann also durchaus zu einer Schwangerschaft kommen.
- Mit der Pille danach wird dem Körper eine hohe Dosis Hormone hinzugefügt.
- In der Schweiz gibt es dabei zwei zugelassene Wirkstoffe: Levonorgestrel (kann bis drei Tage nach dem Verkehr genommen werden) und Ulipristalacetat (kann bis fünf Tage nach dem Verkehr genommen werden).
- In der Regel gilt: Je schneller das Präparat eingenommen wird, desto sicherer.
- Die Pille danach ist in jeder Apotheke erhältlich. Voraussetzung für die Abgabe ist ein kurzes Beratungsgespräch. Sie ist nicht verschreibungspflichtig.
- Sie muss gleich in der Apotheke eingenommen werden, damit man ausschliessen kann, dass man sie nicht für eine andere Person holt.
- Muss man sich kurz nach Einnahme übergeben, sollte man nochmals dieselbe Apotheke aufsuchen und die Pille danach nochmals einnehmen.