In der Schweiz ist es eigentlich ein Tabu, über Lohn zu sprechen. Ist es denn verboten?
Gabriela Baumgartner: Es ist überhaupt nicht verboten, es gibt da keine Bestimmungen. Der Arbeitgeber darf einem nicht verbieten, über Lohn zu sprechen.
Woher kommt das Tabu?
Ich glaube, der Neid ist ein grosser Punkt. Einerseits will man keinen Neid auf sich ziehen, andererseits will man nicht neidisch werden, wenn man herausfindet, dass der Kollege mehr verdient.
Es ist ein moralisches Tabu, rechtlich ist es kein Problem.
Muss ein Chef erklären können, warum Fritzli mehr verdient als Hansli, obwohl beide den gleichen Job machen?
Das muss er erklären können. Es gibt ein Gleichstellungsgesetz, das sagt, dass die Leute gleich zu behandeln sind unter gleichen Voraussetzungen.
Das heisst, der Chef müsste begründen, warum ich bei gleicher Arbeit und Qualifikation weniger verdiene als mein Kollege.
Hier kommt aber der Chef in die Bredouille: Er kann mir ja nicht alles über den Kollegen offenlegen, ohne die Rechte des Kollegen zu verletzen. Ich muss also als Betroffene beweisen können, dass ich weniger verdiene bei gleicher Arbeit trotz gleicher Qualifikationen und warum ich gleich viel verdienen sollte.
Wenn ich das alles so darlegen kann, kommt der Chef in einen Erklärungsnotstand.
Über Lohn reden ist nicht verboten. Darf ich dann zum Beispiel auch eine Kollegin aus einer anderen Firma fragen, was sie verdient?
Der Lohn ist kein Betriebsgeheimnis. Das legt aber niemand offen, weil keiner will, das im Internet steht, was ich verdiene.
Der Lohn ist kein Betriebsgeheimnis.
Man kann den Lohn in der anderen Firma als Richtlinie nehmen, aber ich würde den Chef nicht damit erpressen, sondern lieber mit der eigenen Leistung argumentieren.
Man kann den Lohn in der anderen Firma als Richtlinie nehmen, aber ich würde den Chef nicht damit erpressen, sondern lieber mit der eigenen Leistung argumentieren.
Ich kann schon argumentieren und sagen, dass ich bei der Firma X mehr verdienen würde. Wenn dann aber der Arbeitgeber sagt, ja, dann gehe doch zu X und die haben keine Stelle für mich oder wollen mich nicht einstellen, dann sieht es blöd aus.