Fabiola Casanova (26) leidet an einer chronischen Krankheit. Jeden Tag verbraucht sie eine grosse Menge an medizinischem Material – alles einzeln, steril und in Plastik verpackt. Sie produziert also gezwungenermassen eine grosse Menge an Abfall, sie hat keine andere Wahl. In den Bereichen, die es ihr ermöglichen, auf jeglichen Abfall zu verzichten, will sie aber trotzdem nicht.
Einerseits muss ich Unmengen an Abfall von medizinischem Material produzieren, soll aber andererseits im restlichen Alltag auf Abfall verzichten? Das funktioniert in meinem Kopf nicht.
Zahnbürsteli aus Holz, Einkaufen mit Stoffsäckli und Glasbehältern, wiederverwendbare Slipeinlagen aus Stoff zum Waschen – «das ist ja ein Leben wie im letzten Jahrhundert», findet Fabiola. Sie versuche natürlich zum Beispiel schon, im Laden auf Plastiksäcke zu verzichten. «Aber eine gewisse Menge an Abfall ist in der heutigen Zeit einfach normal.» Ein Alltag ohne Abfall stellt sich Fabiola sehr anstrengend vor: «Alles einzeln einkaufen, die eigenen Behälter mitschleppen und vielleicht auch mal auf etwas verzichten müssen – nein danke!»
Ein gesünderes Leben dank «Zero Waste»?
Dass «Zero Waste» nicht anstrengend, sondern vor allem auch gesund ist, davon ist Natacha Espirito Santo (26) überzeugt. Schon während ihres Biologie-Studiums hat sie sich stark mit dem abfalllosen Lebensstil beschäftigt und hat ihr Geld damals lieber für gesundes Essen als für den Ausgang ausgegeben. Seit bald zwei Jahren produziert sie fast keinen Abfall mehr. Pro Jahr verbraucht sie nur noch etwa vier bis fünf 17-Liter-Abfallsäcke.
Wenn ich in einer Bar ein Getränk im Plastikbecher kriege, verlange ich nach einem Glas. Geht das nicht, verlasse ich die Bar einfach wieder.
Für fast alles hat Natacha mittlerweile eine abfalllose Alternative in ihrem Alltag gefunden. Viele Sachen wie Kosmetik oder Zahnpasta stellt sie selber her. Für Letzteres hat sie ein Rezept aus Natron, Kokos- und Pfefferminzöl. Eine etwas ölige Angelegenheit, das muss Natacha zugeben, dafür bleibt aber kein Abfall übrig. Der Behälter kann laufend mit der Zahnpasta-Mischung aufgefüllt werden.
Wie gut ist diese selbstgemachte Zahnpasta wirklich für die Zähne? Der Zahnarzt Marcel Z'Graggen ist nicht überzeugt, denn in eine Zahnpasta gehöre zwingend Fluor.
Man kann sich auch mit Sand die Zähne abschrubben – nützen tut das auch nichts.
Wer trotzdem Zahnpasta ohne Fluor benutze, müsse einfach mit Löchern in den Zähnen rechnen. «Mein Zahnarzt war bisher immer zufrieden», lacht Natacha. Ihre Einkäufe erledigt sie mittlerweile nur noch in Unverpackt-Läden oder auf dem Markt. Doch sie ist unzufrieden, dass es in ihrem Heimatort Chur keinen solchen Laden gibt. Deshalb hat sie das Projekt «oba aba» für ein «Zero Waste»-Ladencafé lanciert. Dort will Natacha Lebensmittel, Haushaltswaren und Kosmetik verkaufen – alles unverpackt. Im Mai will sie dafür ein Crowdfunding-Projekt starten.
Der Traum vom eigenen Unverpackt-Laden hat sich Tara Welschinger bereits erfüllt. Vor einem Jahr eröffnete sie in Zürich ihr Geschäft «FOIFI». Sie lebt seit mehreren Jahren schon «Zero Waste» und ist zufrieden damit. Wer in ihrem Laden einkauft, braucht Zeit, aber das soll so sein. «Wer seine Lebensmittel selber abfüllt, wiegt und die Behälter beschriftet, kauft viel bewusster ein. Dieser Moment entschleunigt und das tut in der heutigen Zeit gut», findet Tara.
Du willst weniger Abfall produzieren?
Wir haben ein paar Tipps zusammengestellt, wie du ein wenig «Zero Waste» in deinen Alltag bringen kannst.