Die erste Staffel «Dark» haben wir abgefeiert – und waren damit längst nicht die Einzigen. Die erste deutschsprachige Netflix-Serie hat im Dezember 2017 weltweit für grosses Aufsehen gesorgt, im Serienland USA und darüber hinaus.
Als ich in Asien reisen war, wurde ich dort von einer Französin auf die Serie angesprochen. Da realisiert man dann erst, wie weit die Serie schon gereist ist!
Vor dem Start der heiss erwarteten zweiten Staffel haben wir uns mit Hauptdarsteller Louis Hofmann, der in der Sci-Fi-Mystery-Serie die Rolle des zeitreisenden Jonas spielt, und Lea van Acken, die in der neuen Staffel eine zentrale Rolle übernimmt, über die acht neuen Folgen unterhalten.
Wir haben den Eindruck, dass die erste «Dark»-Staffel ein riesiges Echo ausgelöst hat. Ist das auch bei euch Schauspieler angekommen?
Louis Hofmann (Jonas): Ja! Zum einen, weil wir ziemlich früh grünes Licht für eine zweite Staffel bekommen haben. Dann merkt man’s aber auch in den sozialen Netzwerken, wenn die Follower plötzlich aus Mexiko, Brasilien oder Italien kommen. Oder wenn ich persönlich von Touristen in Berlin angesprochen werde.
Als ich in Asien reisen war, wurde ich dort von einer Französin auf die Serie angesprochen. Da realisiert man dann erst, wie weit die Serie schon gereist ist!
Wie bei Serienproduktionen so üblich, habt ihr zwischen den Dreharbeiten von Staffel 1 und Staffel 2 eine Pause eingelegt. Findet man beim Neustart problemlos wieder in seine alte Rolle zurück?
Louis: Auf der einen Seite war es eine Herausforderung, weil ich es mir nicht gewohnt bin, mich zu wiederholen. Sich zu wiederholen ist ja eigentlich nicht der Wunsch eines Schauspielers, glaube ich – zumindest bei mir nicht. Gleichzeitig habe ich mich aber auch total auf die zweite Staffel gefreut, weil ich diese Figur einfach extrem gerne habe und die Arbeit mit Regisseur Baran bo Odar sehr mochte.
Meine Skepsis vor diesem Wiederholen hat sich dann übrigens bereits am allerersten Probetag gelegt: Im Produktionsbüro trifft man die gleichen Leute wie während der ersten Staffel… und sofort fängt man an, sich wieder in dieser «Dark»-Welt zu bewegen.
Und dann kommt ja noch dazu, dass in der Geschichte der Serie zwischen der ersten und zweiten Staffel ein halbes Jahr vergeht. In dieser Off-Zeit entwickelt sich Jonas extrem weiter und letztendlich war’s dann – in Anführungsstrichen – gar nicht mehr dieselbe Figur, die ich spiele, sondern eine viel weiterentwickelte.
Lea van Acken betritt mit der zweiten Staffel «Dark»-Neuland. Zwar treffen wir ihre Figur, das nach wie vor namenlose «Mädchen aus der Zukunft», schon ganz am Ende der ersten Staffel, so richtig ins Geschehen tritt ihre Figur aber erst jetzt ein.
Wusste sie nach ihrem Kurzauftritt am Ende der ersten Staffel bereits, dass für ihre Figur in der nächsten Staffel ein grösserer Auftritt wartet?
Lea van Acken (Das Mädchen aus der Zukunft): So ein bisschen was wusste ich – auch für die Rollenvorbereitung. Aber so wirklich eigentlich nicht, nein. Es war ein Geheimnis.
An was orientiert man sich als Schauspielerin, wenn man eine Figur spielen darf, die in einer uns unbekannten Zukunft lebt?
Lea: Ich habe viel mit Regisseur «Bo» darüber geredet, wie er sich die Zukunft vorstellt. Was da für eine Dauerbelastung durch Krieg, Lautstärke und Hunger herrscht. Schlussendlich muss man aber vor allem mit der eigenen Vorstellungskraft arbeiten. Wobei natürlich Kulisse und Kostüm auch helfen.
Das ist schliesslich eines der grössten Geschenke, wenn man als Schauspielerin für Dreharbeiten etwas Neues lernen darf, das man so in seinem Leben vielleicht nie gelernt hätte.
In der neuen Staffel verbringt deine Figur viel Zeit mit einer taubstummen Person. Ihr müsst untereinander via Gebärdensprache kommunizieren. Hast du diese vor «Dark» bereits beherrscht?
Lea: Nein, ich musste sie lernen. Aber das war ja total schön. Ich habe mich unglaublich gefreut, als ich gehört habe, dass ich für «Dark» die Gebärdensprache lernen darf. Das ist schliesslich eines der grössten Geschenke, wenn man als Schauspielerin für Dreharbeiten etwas Neues lernen darf, das man so in seinem Leben vielleicht nie gelernt hätte.
Wie wird «Dark» eigentlich gefilmt – so rein logistisch. Schliesslich ist die Handlung auf mehrere unterschiedliche Zeitlinien verteilt. Filmt ihr die einzelnen Handlungsstränge am Stück?
Louis: Ha, das wäre schön! Wir drehen motivbedingt. Heisst: Es kann sein, dass das «Motiv» an einem Drehtag in der 2020er-Zeitlinie spielt und am nächsten Tag dann 1987 – die Szenen in der Schule zum Beispiel.
In der zweiten Staffel haben wir jetzt aber einen grossen Block am Stück gedreht – jener, der in der Zukunft spielt. Und das ist dann schon sehr angenehm. Das Hin und Her kann nämlich schon verwirrend sein: Da verliert man leicht den Überblick, wo und wie in der Geschichte man sich gerade aufhält.
Die vielen Szenen, die in der Zukunft spielen, hiessen für euch beide auch, dass ihr mit viel Computereffekten in Berührung gekommen seid. Wie kommt ihr als Schauspieler damit klar?
Lea: Stimmt, das war das erste Mal, dass ich mit CGI zu tun hatte! Dabei hilft es natürlich, Blickpunkte zu haben. Halt so irgendwie «links oben und dann ist da vielleicht ein Träger». Daran kannst du dich orientieren.
Louis: Das ist schon eine Challenge. Bei einer [Szene am Ende der ersten Episode der zweiten Staffel. No Spoiler!] zum Beispiel, da ist ja dann während den Dreharbeiten «nichts». Es hat mir aber geholfen, dass mir vor Ort auf dem Handy gezeigt wurde, wie der Effekt später aussehen wird. Und sonst musste ich das einfach mit «Bo» genau besprechen.
Mir ging’s da dann aber vor allem auch um die Frage, was dieser Effekt mit mir machen wird. Was geht in meinem Kopf vor, wenn ich ihn sehe? Sobald ich das weiss, ist es für mich gar nicht mehr so wichtig, dass ich beim Dreh nichts davon sehe.
Du hast am Set von «Red Sparrow» an der Seite von Jennifer Lawrence Hollywood-Erfahrung sammeln können. Merkt man heutzutage noch einen Unterschied zwischen dem Set eines Hollywood-Films und einer internationalen Netflix-Produktion wie «Dark»?
Louis: Naja, die Sprache am «Dark»-Set war hauptsächlich Deutsch, das war schon ein Unterschied [lacht]. Aber ja, eigentlich gibt es keine grossen Unterschiede.
Der einzige Unterschied war wohl, dass es bei «Red Sparrow» schneller los ging. Sobald wir dort «auf Anfang» standen, wurde gedreht – und man hatte nicht mehr diese 10, 20 Sekunden um nochmals «reinzufinden». Damit war ich am Anfang meines «Red Sparrow»-Drehtags ein bisschen überfordert. «Bo» nimmt sich da bei «Dark» mehr Zeit.
Was da alles aufgefahren wurde mit diesen ganzen ausgebrannten Autos und so, das war schon grosses Kino!
Lea: Auf jeden Fall wurde auch bei unserem Dreh ein riesiger Aufwand betrieben. Ich weiss noch, als ich meinen Drehtag für die erste Staffel hatte. Was da alles aufgefahren wurde mit diesen ganzen ausgebrannten Autos und so, das war schon grosses Kino! Es wurde sogar noch extra Asche aus Kanonen herausgeschossen.
Kann man sich bei den komplizierten «Dark»-Handlungssträngen als Schauspieler irgendwelche Freiheiten leisten?
Louis: Mit «Bo» und [Drehbuchautorin] Jantje [Friese] kann man immer reden. Aber es ist natürlich auch so, dass das Drehbuch sehr durchgetaktet ist. Da macht jeder Satz total Sinn. Da kann man inhaltlich dann nicht mehr gross was ändern – wobei ich auch überhaupt nicht das Bedürfnis dazu hatte, weil halt alles so wahnsinnig gut geschrieben ist.
Louis, du hast hier zusätzlich die spezielle Situation, dass deine Figur neben dir auch noch von anderen Schauspielern gespielt wird. Sprechen sich die Jonasse untereinander ab?
Louis: Das haben Andreas [Pietschmann] und ich tatsächlich gemacht. Wir haben uns schon beim allerersten Casting gesehen und dort ziemlich schnell herausgefunden, dass wir ohnehin eine ähnliche Persönlichkeit haben. Dann haben wir auch zusammen über die Figur gesprochen.
Und jetzt noch die obligate Zeitreisen-Frage: Wenn ihr die Möglichkeit hättet, selbst durch das «Dark»-Universum zu reisen und eine Woche in einem der verschiedenen Zeitstränge verbringen könntet – ohne die damit verbundenen negativen Konsequenzen –, für welchen würdet ihr euch entscheiden?
Lea: Die 50er… oder… [überlegt] die 80er find ich eigentlich auch ganz geil! [überlegt nochmals] Ok, I take the 80ies!
Louis: Ich glaube, ich würde gerne in die Vergangenheit reisen. Es wäre mir zu heikel, die Zukunft zu sehen. Ich schwanke zwischen den 20ern und den 50ern… da müsste ich ein Los ziehen!