Eigentlich kann das doch gar nicht so schwer sein: Gesünder essen, weniger Alkohol trinken, mit dem Rauchen aufhören. Die Zigaretten landen im Abfall, die weihnachtlichen Schokoladenreste müssen deine Mitbewohner*Innen verdrücken und die neuen Fitnessschuhe sind auch schon bestellt (Grosi hat dir ja zwei Hunderter zugesteckt). Du bist überzeugt: In der Silvesternacht wird aus dir ein neuer, besserer Mensch.
Zu Beginn ist alles ganz einfach. Um genau 24 Uhr stellst du das Prosecco-Glas beiseite, was dir einen katerfreien Neujahrstag beschert. Nimm das, altes Ich! Den Morgen beginnst du mit einer Runde Yoga. Danach gibt es Avocado-Toast und Smoothie. Du bist relaxed. Du fühlst den Flow. Was diese Fitness-Influencer*Innen können, schaffst du im Schlaf!
Doch dann, spätestens am Montag, holt dich der Alltagstrott wieder ein. Dein neuer Lifestyle wirkt plötzlich doch nicht mehr so attraktiv: Von den neuen Schuhen hast du nach der ersten Jogging-Runde Blasen an den Füssen. Es ist dir zu kalt draussen und im Fitness-Studio musst du eine Maske tragen. Das kann ja nicht gesund sein, oder? Lieber verbringst du deinen Feierabend auf dem Sofa. Spätestens, wenn du ins Tiefkühlregal schaust und die fixfertige Pizza siehst, hast du auch keinen Bock mehr zu kochen. Und zu guter Letzt kommen auch noch die Mitbewohner*Innen, die mit dir ein Feierabendbier trinken wollen. RIP Neujahrsvorsätze.
Dein Feind, das Gehirn
Verhaltenspsychologe Frank Wieber erklärt im Interview mit SRF Virus, warum Vorsätze so schwer einzuhalten sind. Da gibt es einen klaren Schuldigen. Nein, es sind eben nicht die schmerzenden Schuhe oder das Wetter, sondern dein Gehirn!
Gewohnheiten brauchen weniger Anstrengung, man muss nicht lange nachdenken sondern macht einfach.
Du kannst es dir vorstellen, wie wenn du umgezogen bist oder einen neuen Job angefangen hast. Dann ist es super anstrengend, weil du in eine ungewohnte Situation kommst. «Gewohnheiten brauchen weniger Anstrengung, man muss nicht lange nachdenken sondern macht einfach», sagt Frank Wieber. Gewohnheiten zu verändern, das sei hingegen anstrengend und mühsam.
Die Vorsätze sind oft zu ambitioniert, zu wenig ausgeplant und nur halbherzig gewollt.
Aber freu dich nicht zu früh, das ist noch lange keine Ausrede, alle Vorsätze gleich über den Haufen zu werfen. Es gibt nämlich einen Weg, wie du dein Gehirn austricksen kannst. Häufig liegt der erste Fehler bereits in der Zielsetzung. «Die Vorsätze sind oft zu ambitioniert, zu wenig ausgeplant und nur halbherzig gewollt.» Du weisst zwar, dass es gut für dich wäre, wenn du die Ziele umsetzt, so wirklich überzeugt bist du aber nicht. «Das sind gute Startvoraussetzungen, dass einem in der zweiten, dritten Januarwoche bereits die Motivation ausgeht», sagt Frank Wieber. Stelle dir die Frage: Mache ich etwas für mich, oder entsprechen meine Ziele eher den Erwartungen von anderen?
Vorsicht vor dem «What The Hell»-Effekt!
Die Vorsätze sollten keinen Verzicht sein, sondern auch irgendwie einen Genuss.
Es ist also eigentlich gar nicht so schwer, du musst es deinem Gehirn nur so einfach wie möglich machen. Die neuen Verhaltensweisen sollten genauso easy und attraktiv wirken, wie die alten Verhaltensweisen, die du loswerden willst. Gute Kandidaten sind Tätigkeiten, die dir Spass machen. «Die Vorsätze sollten keinen Verzicht sein, sondern auch irgendwie einen Genuss», sagt Frank Wieber. Wenn du also merkst, dass du dich im Corona-Frust im Homeoffice zu wenig bewegst, könntest du dich beispielsweise zum Joggen verabreden oder dir neue Aussichtsorte in der Umgebung suchen. So hast du ein Ziel, das dich motiviert und Spass macht.
Was du hingegen nicht machen solltest, ist auf den sogenannte «What The Hell»-Effekt reinzufallen. No Joke, der heisst wirklich so. So nennt man es, wenn du dir nach einem Stück Schokolade denkst «Was soll’s?» und die ganze Tafel isst. Nur weil du einmal gegen deinen neuen Vorsatz verstossen hast, solltest du nicht gleich aufgeben. «Dann nicht frustriert sein, sondern Krone richten und weitermachen», sagt Frank Wieber.
Wenn du es diesmal trotzdem nicht schaffst, deine Vorsätze durchzuziehen, dann denkst du spätestens am nächsten Silvesterabend daran. Und du wirst wieder gesünder leben, mehr Sport treiben, endlich mit dem Rauchen aufhören und weniger Alkohol, dafür mehr Wasser trinken wollen. Also nochmal zusammengefasst, damit es beim nächsten Mal auch bestimmt klappt:
5 Tricks, wie es dir gelingt, Vorsätze künftig einzuhalten
- Fasse einen konkreten Neujahrsvorsatz ins Auge. Zum Beispiel mindestens einmal täglich gesund essen oder höchstens zweimal im Monat Alkohol trinken.
- Mache dir Vorsätze, die dir Spass machen.
- Mache Baby-Steps. So ist die Chance viel grösser, dass du deinen Vorsatz einhältst.
- Es ist normal, wenn es mehrere Anläufe braucht. Plane das ein und geh locker mit einer Regelverletzung um. Vermeide den «What The Hell»-Effekt!
- Suche Gleichgesinnte, mit denen du gemeinsam Neujahrsvorsätze fassen und dich austauschen kannst. Das stärkt das Durchhaltevermögen.
Hast du dir für 2021 Vorsätze gefasst? Und ziehst du sie noch durch? Sag's uns in den Kommentaren oder in einer Sprachnachricht an 079 909 13 33!