Während der Schwangerschaft ist Nina überglücklich – sie freut sich auf ihr erstes Kind. Doch die schwere Geburt bringt alles aus dem Gleichgewicht. «Ich habe wahnsinnig viel Blut verloren und hatte starke Schmerzen.» Schon nach zwei Stunden kommt ihre Tochter wegen schlechter werdenden Herztönen mit der Saugglocke zur Welt. «Am Anfang wollte ich es mir nicht eingestehen, weil es gut ausgegangen ist, aber: Die Geburt war eine Katastrophe.»
Völlige Überforderung
Auch zu Hause kehrt keine Ruhe ein: Das Neugeborene hat starke Koliken und schreit nächtelang. «Ich war so hilflos und konnte nichts machen.» Für sie wird es noch schlimmer, als ihr Mann wieder Arbeiten geht und sie allein mit der gemeinsamen Tochter daheim ist: «Ich konnte gar nicht mehr abschalten, habe nichts mehr gegessen, nicht mehr geschlafen – ich war mit vielen Ängsten konfrontiert», erzählt die 38-Jährige.
Ich dachte, ich müsste es als Mami schaffen, dass mein Kind ruhig und zufrieden ist, aber es ging einfach nicht. Ich habe es nicht geschafft.
Vor ihrem Mann versteckt sie die Ängste und Überforderung, sodass er nichts merkt. Doch Nina geht es immer schlechter, bis sie eines Tages vor dem Tablettenschrank steht und ihrem Leben ein Ende setzen will: «Ich wollte nur noch weg und dass dieses Gedankenkreisen aufhört. Ich konnte es nicht mehr ertragen.» Etwas in ihr hielt sie glücklicherweise davon ab und sie rief im Krankenhaus an.
Meine Absicht war es, zu sterben. Ich wollte nur noch weg sein.
Sie kommt für zwei Tage ins Spital, wo sie endlich wieder mal durchschlafen und sich entspannen kann. Danach möchte sie wieder nach Hause, sie fühlt sich stark genug. Doch nicht sehr lange: Schon bald geht alles wieder von vorne los.
Obwohl sie psychologische Hilfe erhalten hat, kommen schon bald die Suizidgedanken zurück. Nina ruft in einer Klinik an und lässt sich selbst einweisen. Für drei Wochen ist sie auf der Station für Depressionen – ohne ihre Tochter. Um diese kümmern sich Vater und Schwiegermutter.
Als Schwangere denkst du nicht daran, was das danach alles mit sich zieht.
Danach geht Nina für sieben Wochen auf eine Mutter-Kind-Station in die Therapie. Sie muss eine neue Beziehung zu ihrer Tochter aufbauen, was ihr nach der Geburt nicht gelungen ist.
Struktur im Alltag
Zurück aus der Klinik macht sich Nina einen strukturierten Ablauf in ihren Alltag, damit sie nicht wieder in ein Loch fällt. Obwohl sie in der Zwischenzeit auch ihren Job verloren hat, gelingt ihr das gut. Mit ihrer Geschichte will sie anderen Müttern Mut machen, über die postnatale Depression zu reden. «Hol dir Hilfe – es gibt Lösungen! Du musst dich für nichts schämen.» Auch als Paar soll man auf sich achten, wie ihr Mann es für sie getan hat: «Ich bin unglaublich dankbar für seine Unterstützung, das hat uns alles noch mehr zusammengeschweisst.»