Das alljährlich stattfindende «Sundance Film Festival» ist nicht nur ein Mekka für Independent-Filme, es ist auch der Ort an dem Deals stattfinden. Filmdeals. Denn die meisten Filme, die während des Festivals zu sehen sind, besitzen noch keinen Kinoverleih.
Da sich unter den am «Sundance» erstmals öffentlich aufgeführten Filmen regelmässig ernsthafte Oscaranwärter («Little Miss Sunshine», «Boyhood», «Beasts of the Southern Wild», «Whiplash») und zukünftige Kultklassiker («The Blair Witch Project», «Reservoir Dogs») befinden, versuchen sich die Studios darum mit Angeboten zu überbieten.
Dieses Jahr war alles ein bisschen anders. Die Streaming-Anbieter Netflix und Amazon haben die Filmindustrie im kalten Utah überrumpelt und mit je 7 Filmkäufen die meisten «Sundance»-Filme erworben. Der harte Wettkampf hatte ausserdem zur Folge, dass dieses Jahr zwischen den Studios soviel Geld ausgegeben wurde, wie noch nie zuvor.
Ein Segen für Schweizer Filmfans
Der Grosseinkauf von Netflix hat einen direkten Einfluss auf uns Filmnerds in der Schweiz. Da sich der amerikanische Streaming-Gigant inzwischen für fast alle eingekauften Filme weltweite Ausstrahlungsrechte sichert, kommen auch wir in den Genuss dieser «Sundance»-Filme.
Und das ist ein wahrer Segen! Gerade das US-Independent-Kino wird von den hiesigen Verleihern nämlich mehrheitlich ignoriert. Wenn man sich durch die Gewinnerfilme aus den letzten paar «Sundance»-Ausgaben durchliest, kann man jene Filme, die mit einem CH-Kinostart beglückt wurden, an zwei Händen abzählen. Ein inakzeptabler Zustand. Schliesslich handelt es sich beim «Sundance» um eines der renommiertesten Entdecker-Filmfestivals der Welt.
Mit der Auswertung der gekauften Filme verliert Netflix keine Zeit. Vom diesjährigen Sundance Filmfestival sind bereits zwei Filme auf der Streamingseite veröffentlicht worden. Zum einen die indische Teenie-Sex-Komödie «Brahman Naman», zum anderen die Roadtrip Buddy-Komödie «The Fundamentals of Caring».
«Tallulah»: Ellen Page stiehlt ein Baby
Der neuste Netflix-/«Sundance»-Film heisst «Tallulah» und wird ab Freitag 29. Juli 2016 verfügbar sein.
In der Hauptrolle spielt Ellen Page die junge Ausreisserin Tallulah, die in einem VW-Bus lebt und sich irgendwie durchs Leben schlägt.
Als sie per Zufall auf das Kleinkind einer wildfremden Frau aufpassen muss, sieht sie im Kind eine Möglichkeit, die sie für sich selber nutzen kann. Mit dem Kind im Arm geht sie direkt zur Mutter ihres Freundes und gibt das fremde Kind als ihr eigenes aus...
Wenn man einen Lexikoneintrag für den typischen «Sundance-Film» schreiben müsste, dann wäre «Tallulah» das perfekte Beispiel. Es ist genau jene Art von Film, die das «Sundance» in den letzten Jahren geprägt hat. Eine bewegende Geschichte mit überzeugenden Darbietungen - ein Film, welcher den Zuschauer emotional berührt und zum Lachen bringt. «Tallulah» erfindet das Rad nicht neu, ist aber wie geschaffen, um gestreamt zu werden - wenn es denn auch mal etwas gehaltvoller sein soll. 3 von 5 Punkten.