«Ich wollte einen Film machen, der sich mit der Frage auseinandersetzt, wieso wir uns vom Influencer:innen-Beruf derart provoziert fühlen», sagt Regisseur Magnus von Horn über seinen neuen Spielfilm.
Der gebürtige Schwede lebt seit 16 Jahren in Polen und wagt sich mit seinem zweiten Film «Sweat» in die Welt der Influencer:innen. Dafür fokussiert sich der 37-Jährige auf die junge Sylwia, eine Fitness-Influencerin, die ihre Follower:innenschaft auf diversen Social-Media-Plattformen dazu animiert, einen gesunden Lifestyle zu pflegen.
An öffentlichen Events wird Sylwia von Fans bewundert, täglich stehen neue Produkte vor ihrer Haustüre, die auf einen Auftritt in ihrer Instagram-Story hoffen. Doch während Sylwias Welt im Rampenlicht in Ordnung zu sein scheint, sieht es abseits ihres Smartphone-Bildschirms ziemlich düster aus.
Von ihrer eigenen Familie erhält Sylwia kaum Geborgenheit, Freund:innen im «richtigen» Leben hat sie kaum. Als ihr dann eine Begegnung mit einem Stalker schonungslos aufzeigt, wie sie für gewisse Kreisen als blosses Sexobjekt gilt, gerät ihre Gefühlswelt endgültig ausser Kontrolle.
Mit «Sweat» wirft Magnus von Horn einen gelungenen Blick hinter die Instagram-Filter. Dass dieses Kunststück gelingt, verdankt der Regisseur aber nicht nur der rasanten Erzählweise und einem dynamischen Filmschnitt, sondern vor allem seiner Hauptdarstellerin Magdalena Kolesnik, die für die authentische Verkörperung von Sylwia knapp ein Jahr an ihrer Rolle gearbeitet hat.
«Sie war die allererste, die wir im Rahmen des Castings angeschaut haben», erzählt von Horn. «Wir haben uns nicht sofort für sie entschieden, weil ich davon ausgehe, dass man für einen erfolgreichen Castingprozess über Monate hinweg möglichst viele Kandidat:innen anschauen muss. Trotzdem bin ich dann immer wieder bei ihrem Vorsprechen gelandet», so der Regisseur.
Wer «Sweat» ohne jegliche Vorinformationen sieht, könnte davon ausgehen, dass «Sylwia» auch abseits der Filmkamera ein Leben als Influencerin leben muss. In Wirklichkeit ist Kolesnik jedoch eine erfahrene Theaterschauspielerin und befand sich beim Start des Projekts weit weg von der Influencer:innen-Welt. «Sie hatte nicht einmal einen Instagram-Account», sagt von Horn.
Abgesagte Cannes-Weltpremiere
Die planmässige Uraufführung von «Sweat» hätte am letztjährigen Filmfestival in Cannes stattfinden sollen. Nach der Absage des Festivals fiel dann auch die Premiere ins Wasser. Für Magnus von Horn ein sehr frustrierendes Kapitel.
«Natürlich hat uns die Aufnahme ins Cannes-Lineup sehr dabei geholfen, Filmverleiher:innen auf der ganzen Welt auf unseren Film aufmerksam zu machen», so von Horn. «Dass die ersten Monate von ‹Sweat› aber ausschliesslich online stattfanden, hat mich ziemlich müde gemacht.»
Umso schöner also, dass der in Polen lebende Regisseur seinen Film letzten Herbst – kurz vor einer weiteren COVID-19-Welle – am «Zurich Film Festival» vorstellen konnte. Vor «richtigem» Publikum im Kinosaal. «Natürlich habe ich das Kino vermisst. Wie wichtig das Kino dabei ist, eine ‹echte› Verbindung zwischen Publikum und Film herzustellen, wurde mir aber erst jetzt bewusst», so von Horn.