Schreiben Mittvierziger Serien und Filme über das Leben von Menschen, die an der Schwelle zum Erwachsenenleben stehen, dann ist das oftmals ziemlich – um hier gleich Mal das erste möglicherweise längst überholte Jugendwort in die Runde zu werfen – «cringe».
Wenn also das Autorenteam Hanno Hackfort (Jahrgang 1970), Luisa Hardenberg (1985) und Katharina Sophie Brauer (1980) eine Serie über vier junge Frauen schreibt, die allesamt kurz vor oder sogar nach der Jahrtausendwende geboren sind, ist es durchaus berechtigt, die eine oder andere skeptische Augenbraue hochzuziehen.
Andererseits hat es Hackfort mit dem von Preisen nur so überhäuften «4 Blocks», eine deutschsprachige Erfolgsserie zuhause irgendwo zwischen Berliner Familienclans und Strassenrap, bereits ein anderes Mal erfolgreich geschafft, einen Lebensbereich schlagkräftig zu inszenieren, der seinem eigenem nicht unbedingt entspricht.
Nehmen wir darum die gute Nachricht gleich vorweg: Das gelingt ihm und seinem Team auch hier.
Ein Sack voller Drogen bringt die Geschichte ins Rollen
Wer «Para – Wir sind King» ins Herz schliessen möchte, muss sich allerdings – wie schon bei «4 Blocks» – zuerst mit einer Machete durch ein dichtes Klischee-Gestrüpp kämpfen.
Von der jungen Frau, welche ihren Lebensunterhalt stolz mit feministischer Sexarbeit verdient, über den alten, weissen Lehrer der beiläufig ein paar rassistische Sprüche – Achtung: Jugendwort – «droppt», bis hin zur jungen muslimischen Frau, die zwischen leichtsinnigem Partyleben und arrangierter Ehe steht: Vom Klischee-Süppchen, das hier aufgekocht wird, wird man garantiert mehrere Tage lang satt.
Und trotzdem: Man nimmt den vier jungen Frauen ihre Freundschaft sofort ab. Und sobald sich den Vieren dann die Möglichkeit bietet, mit einem Sack voller Drogen einen Haufen «Para» zu machen, aber sich kurze Zeit später der einstige Besitzer dieser Ware zeigt, verzeiht man der Serie auch den einen oder anderen harzigen Dialog. Auch die zum Teil etwas gar abenteuerliche Regie und Bildsprache von «Para – Wir sind King» passt irgendwie zum, ähh, jugendlichen Spirit der Serie.
Und: Trotz der potenziell düsteren Themenfeldern, welche hier angeschnitten werden, bleibt der Grundton der Serie stets optimistisch und leichtfüssig. Weniger «Breaking Bad» oder «Ozark» also, dafür umso mehr «Weeds» oder «Dead to Me».
Berlin, Berlin
«Para – Wir sind King» ist – sofern das der Mitdreissiger, der dieses Review schreibt, überhaupt beurteilen kann – eine rasant erzählte und durchaus süchtig machende Geschichte, die vielleicht sogar bei jener Gruppe von Menschen gut ankommen könnte, die ihren Alltag damit verbringt, unter YouTube-Clips von Deutschrapper:innen «einfach zuuu krank diese Texte» zu kommentieren, wenn im Text des Songs jemand «Adidas» auf «Fabregas» gereimt hat.
Die Serie kann sich in der immer wie grösser werdenden Sammlung von gelungenen deutschen Serienproduktionen mit Berlin als Mittelpunkt mehr als sehen lassen, ist aber definitiv mehr etwas für Fans von «4 Blocks» oder der mittlerweile abgesetzten Netflix-Serie «Dogs of Berlin» – und weniger für Anhänger:innen von «Babylon Berlin» oder «Unorthodox» .
6 von 10 Punkten.