Sans-Papiers halten sich laut Gesetz illegal in der Schweiz auf. Das macht es schwierig, sie zu erfassen. Man geht aber davon aus, dass rund neun von zehn Sans-Papiers einer Arbeit nachgehen. Trotzdem: Das Leben in der Anonymität bedeutet, sich ein Netzwerk aufzubauen, das Unterstützung bietet. Das erzählte etwa die erste Person, die wir für die Reportage treffen konnten.
Er kam vor zwölf Jahren aus einem Land in Westafrika in die Schweiz und stellte einen Asylantrag. Nachdem dieser abgelehnt wurde, habe ihm die Ausschaffung gedroht und er entschied sich, unterzutauchen. «Manchmal fehlt es mir am Grundlegendsten», sagt er, und dann müsse er seinen Freunden Bescheid geben und um Hilfe bitten. Das bedeute für ihn aber auch eine grosse Abhängigkeit.
Auch für die zweite Person ist die Community wichtig. Er erzählt von seinem WG-Leben, das ihm soziale Kontakte gibt und von seinem Job: Seit kurzem arbeitet er während ein paar Stunden pro Tag als Babysitter.
Aber das Leben als Sans-Papiers in der Schweiz ist einsam und vielen fehlt die Perspektive. Grössere Gruppenansammlungen werden gemieden und wer etwas braucht, erledigt dies auf direktem Weg, um Polizeikontrollen aus dem Weg zu gehen.
Gerade mit der Pandemie sei die Situation noch schwieriger geworden. Da viele in Privathaushalten arbeiten, brach das Einkommen plötzlich weg und die Angst vor einer Corona-Erkrankung ist auch da. Wer sich vor den Behörden versteckt, möchte den Gang ins Testzentrum oder ins Spital möglichst vermeiden. «Ich denke, wenn ich krank wäre, würde ich das mit mir alleine ausmachen», erzählt einer der beiden.
Welche Lösungen gibt es?
Wer schon länger in der Schweiz ist, kann ein sogenanntes Härtefallgesuch einreichen. Dafür muss man allerdings verschiedene Kriterien erfüllen, die die gute Integration belegen sollen. Etwa, dass man nie straffällig wurde oder finanziell unabhängig ist. Aus Gesprächen mit Aktivist*innen, die sich für die Rechte der Sans-Papiers einsetzen haben wir erfahren, dass dies zwar begrüsst wird, aber dass diese Kriterien auch ausschliessend sein können. Wer schon einen Asylantrag gestellt hat, kann dieses Härtefallgesuch nicht einreichen.
Ausserdem gibt es die Idee der «City Card», die in den Städten Zürich und Bern diskutiert wird. Die Initiant*innen erhoffen sich, damit einen Ausweis, der von allen Bewohner*innen der Stadt benutzt werden könnte - auch von Sans-Papiers. Dieser soll Vergünstigungen für Restaurants und Museen ermöglichen oder einen vereinfachten Zugang zu Bibliotheken. Wer in eine Personenkontrolle gerät, soll sich auch mit der «City Card» ausweisen können. Politisch ist diese Karte umstritten: Gerade die Hauptfrage, ob diese Karte auch als amtlicher Ausweis gelten kann, wird aktuell debattiert.