1. In Hallwil gehen die Bärzeli um
«Die spinnen, die Schweizer» denkt sich wohl jeder Nicht-Einheimische, der sich am 2. Januar ins Aargauer Hallwil traut. Während spontane Umarmungen von Fremden in der Schweiz sonst rar sind, gehen die Bärzeli zum Jahresbeginn sogar auf Kuscheljagd.
Nur sind die Umarmungen von den verkleideten Monstern eine kratzige Angelegenheit – dank Stechpalme-, Tannen- oder Hobelspäne-Kostümen der 14 Figuren. Für die Schaulustigen gibt es auch den einen oder anderen saftigen Hieb mit der «Säublotere» (einer getrockneten Schweineblase, was sonst?).
2. In Sursee wird die Gans abgesäbelt
Am 11. November (dem Martinstag) geht's im Luzerner Sursee rabiat zu und her: Freiwillige versuchen eine Gans zu enthaupten – mit stumpfem Säbel und vor grossem Publikum. Einer nach dem anderen zieht sich die goldene Sonnenmaske übers Gesicht und versucht sein Glück mit nur einem Schlag. Und der Preis? Wer es schafft, der Gans den Kopf abzuschlagen, darf sie nachhause nehmen.
Bei der «Gansabhauet» werden die zwei Tiere zwar schon tot an den Strick gebunden – umstritten ist die Tradition heute dennoch. Die einen möchten die Tradition bewahren, die anderen sehen die Tierwürde bedroht.
3. In der Nordwestschweiz streiten sich Winter und Frühling um die Eier
In Gemeinden der Kantone Solothurn, Aargau und Basel-Landschaft wird der Winter durch den «Eierläset»-Wettkampf vertrieben. Die Frühlings- und die Wintergruppe sammeln im Wettstreit rohe Eier, in Bahnen aus Sägehäufchen drapiert. Dabei werfen die Läufer die Eier den Fängern und ihrer Wanne zu. Zum Teil kommt es zu rauen Kämpfen zwischen Gegenspielerinnen in Winter- und Frühlingskostümen.
Heute gibt es mancherorts den «Eierplausch» oder «Eiertätsch» im Anschluss, bei dem die gesammelten Eier gekocht und gegessen werden.
4. Zürich schippert den Hirsebrei nach Strassburg
Schon seit dem 13. Jahrhundert gab es Bündnisse zwischen den Reichsstädten Strassburg und Zürich. Der Legende nach boten die Zürcher im 15. Jahrhundert den Strassburgern an, dass sie ihnen bei Bedarf helfen würden und dazu auch in einem Tag bei ihnen sein könnten. Die Strassburger glaubten ihnen nicht.
1456 wagten sich junge Zünfter aufs Boot und erreichten Strassburg nach 20 Stunden, zur Stärkung hatten sie einen Topf Hirsebrei dabei. Für die Geschenke der Franzosen überreichten die Schweizer im Gegenzug ihren Breitopf. Die Hirsebreifahrt findet alle zehn Jahre im Sommer statt – das nächste Mal 2026.
5. Im Appenzellerland schütteln sich die Schönen und «Wüeschte»
Am 13. Januar finden die Urnäscher zu ihren «Schuppeln», ihren Gruppen, zusammen. An dem Tag feiern sie nämlich den Silvester nach dem alten, julianischen Kalender. Die einen werden zu den schönen Chläusen: Sie setzen sich Hauben und Hüte auf, verziert mit gemalten und geschnitzten Szenen. Die «wüeschte Chläus» und Naturchläuse schlüpfen in Masken, Fell, Moos und Tannenzweige.
Dann wird von Haus zu Haus gezogen, «Zäuderli» gesungen (also gejodelt), und die getragenen Glocken und Schellen geschüttelt. Die Chläuse wünschen «es guets Neus» und sind bis Mitternacht in den Wirtshäusern zu finden. Soweit sind sie nur männlich – wenn auch einige in Frauenkostümen stecken.