Sie sind bisher vor allem in der «Milchjugend» aktiv gewesen, der Bewegung, die lesbische, schwule, bisexuelle, asexuelle und trans Jugendliche, also LGBTs, vereint. Neu sind Sie Geschäftsleiterin der Lesben-Organisation Schweiz (LOS). Welches sind Ihre politischen Anliegen?
Es liegt mir am Herzen, dass LGBTs gesetzlich die selben Rechte haben wie alle anderen: Das geht von der Ehe für Alle über den Zugang zur Volladoption bis hin zur Witwenrente. Besonders junge LGBTs brauchen aber über Gesetze hinaus Unterstützung: In Schulen, in der Arbeitswelt und in ihrer Familie. Wir brauchen unsere eigenen Räume, damit wir uns genau so frei entfalten können, wie wir es schon immer verdient haben.
Die Suizidgefahr von LGBT-Jugendlichen, das zeigen Studien, ist schockierend. Einer von fünf hat bereits einen Selbstmordversuch unternommen, die Hälfte davon noch vor dem 20. Lebensjahr. Was sind die Gründe?
Diese Statistiken tun mir jedes einzelne Mal weh. Alltagsdiskriminierung greift tiefer, als die meisten denken: Homophobe Witze, Mobbing, wenig Zugang zu Infos oder einer Community. Die Gründe liegen also im gesamten Umfeld der LGBTs - und nicht bei den Jugendlichen selbst! Genau deshalb ist es wichtig, dass LGBTs eine Community wie die Milchjugend haben und zum Beispiel 147 anrufen können, wenn sie Hilfe brauchen.
Fehlt es der Gesellschaft an Toleranz?
Nein, wir brauchen keine Toleranz. Wir fordern die vollumfängliche Akzeptanz. Sie muss in der Bildung, der Politik und in den Köpfen aller unserer Mitmenschen erfolgen. Und dafür kämpfen wir!