Im Reich der Tierpräparation, der Taxidermie, sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Die Kunstform bekommt momentan viel Aufmerksamkeit, etwa wenn ausgestopfte Vierbeiner Schaufenster edler Boutiquen zieren oder Hüte aus toten Vögeln auf Laufstegen präsentiert werden.
Seit der Jahrtausendwende experimentieren viele Künstler und Künstlerinnen mit ausgestopften Tieren, der sogenannte Taxidermy Art.
Doch die Kunstwerke aus Tierkörpern polarisieren. So auch jene von Iris Schieferstein. Die Reaktionen auf ihre Schuhe aus Tierfüssen oder Skulpturen aus toten Mäusen reichen von Faszination bis Abscheu.
Begeisterte Kinder, drohende Tierschützer
«Meine Kunst spricht einen Querschnitt unserer Gesellschaft an: von Jägern, über Punks, bis zu Kindern, die noch frei von moralischen Vorstellungen sind», erklärt Iris Schieferstein.
Entsprechend vielfältig sei das Echo: «Das reicht von heller Begeisterung bis zu Anzeigen und Drohungen.»
Doch die Kritik beispielsweise von Tierschützern erschüttert sie nicht. «Das zeigt, dass ich etwas auslöse. Mit meiner Kunst möchte ich zum Nachdenken anregen über den Umgang unserer Gesellschaft mit Ressourcen und Lebewesen.»
Und: Iris Schieferstein hat noch nie ein Tier getötet. Sie arbeitet mit tierischen Resten.
Fleisch würden wir in rauen Mengen essen, unsern Haustieren tierische Abfälle füttern und Tierversuche machen. «Aber tote Tiere als Kunst wollen viele nicht sehen. Diese Ambivalenz möchte ich sichtbar machen.»
Fragwürdige Inszenierung
Schon die Ägypter konservierten Tierkörper mit der Einbalsamierung. Ausgestopfte Tiere konnten im 17. Jahrhundert in Kuriositätenkabinetten bewundert werden.
Eine Blütezeit erlebte das Handwerk der Taxidermie dank fortschrittlichen Konservierungsmethoden Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts.
Beliebt waren mit menschlichen Eigenschaften inszenierte Tiere: Kätzchen beim Nachmittagstee, Eichhörnchen beim Kartenspiel oder fechtende Frösche.
Ebenso zierten Accessoires wie Schirmständer aus Elefantenfüssen, Aschenbecher aus Schildkröten und andere Safari-Trophäen als Zeugen kolonialistischer Unternehmungen die Salons.
Mit Aufkommen des Natur- und Artenschutzes gerieten die Objekte in Kritik und galten als geschmacklos.
DIY und Frauensache
Während das Handwerk der klassischen Tierpräparation vorwiegend in Männerhand war, gibt es heute auch viele Frauen, die Taxidermy Art betreiben. Viele erlernen die notwendigen Fertigkeiten in Workshops und autodidaktisch.
Auch Iris Schieferstein brachte sich das Handwerk selber bei und verfeinerte es bei einem erfahrenen Tierpräparator. Schon als Kind hätten sie tote Tiere fasziniert, erzählt sie.
«Mein Grossvater, ein Pastor, nahm mich oft auf Friedhöfe mit. Der Tod schreckte mich nicht ab. Bereits als Kind sammelte ich tote Tiere von Feldern und Strassen ein und nahm sie nach Hause.»
Während der Ausbildung zur Bildhauerin hat sie sich gefragt, warum sie etwas nachmodellieren soll, das von der Natur derart perfekt und verfügbar gemacht wird. «Das Rohmaterial der toten Tiere zu ignorieren, ist viel zu schade. Ich wollte ihm einen Platz im Museum geben.»