Esther Shimberg – 28, aufgewachsen in Berlin. Ihre Eltern, russische Juden, kamen in den 90er Jahren nach Deutschland. Nach einem Modedesign-Studium in New York hat sich Esther für ein religiöses Leben entschieden. Vor zwei Jahren ist sie deshalb ausgewandert nach Israel – hier kann sie auch im Alltag nach den Geboten der Thora leben. Esther arbeitet in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem im Archiv, dort scannt sie Akten aus dem Dritten Reich. Die Arbeit ist keine einfache: Täglich gehen Hunderte von Schicksalen durch ihre Hände. Nach der Arbeit, am Abend, hat Esther einen Termin bei einer Heiratsvermittlerin. Sie ist auf der Suche nach dem Partner fürs Leben, mit dem sie eine Familie gründen möchte.
Constanze Klatt – 36, kommt ursprünglich aus Thüringen. Sie ist verheiratet mit Jamal, einem Palästinenser, Tochter Lina ist vier Jahre alt. Constanze lernte ihren Mann in Barcelona kennen, dort arbeiteten beide als Architekten. Als sie durch die Euro-Krise ihre Jobs verloren, beschlossen sie, nach Jerusalem zu gehen – zu Jamals Familie. Jetzt leben sie in Issawija, einem arabischen Viertel im Osten von Jerusalem. Hier sind Strassenkämpfe mit der israelischen Polizei an der Tagesordnung. Als Constanze Jamal geheiratet hat, bekam sie nicht nur einen Mann und eine Familie, sondern einen ganzen Clan – eine weit verzweigte Verwandtschaft, über 1'500 Menschen, die über die ganze Welt verstreut sind. Mittlerweile hat sich Constanze besser eingelebt – in die Stadt und in die Grossfamilie – obwohl der Alltag sie immer wieder vor grosse Herausforderungen stellt.
Jim Hollander – 63, verheiratet, zwei Töchter. Ursprünglich aus den USA, lebt er nach einigen Jahren in Spanien und dem Libanon seit 1983 in Israel. Hier arbeitet er als Pressefotograf. Seine Fotos werden weltweit veröffentlicht, für seine Arbeit hat er schon mehrere Preise gewonnen. Seit 2003 ist er Cheffotograf in Israel und Palästina für die Europäische Pressefoto Agentur (EPA). Durch seine Arbeit ist er immer nah am Geschehen – ein Zeitzeuge des immerwährenden Konflikts. Jeden Morgen verfolgt er in Zeitungen, im Fernsehen und im Internet die neuesten Meldungen, recherchiert, welche Ereignisse von Interesse für seine Arbeit sein könnten. Am Drehtag fotografiert er auf einer Demonstration – und ausnahmsweise ist auch ein chinesischer Filmstar in der Stadt.
Moran Mizrahi – 34, alleinerziehende Mutter einer Tochter. Sie ist Geschäftsfrau und führt zusammen mir ihrem Vater ein Café, eine Bäckerei und eine Bar auf dem Mahane Yehuda Markt in West-Jerusalem. Nachdem sie ihre Tochter zur Schule gebracht hat, macht sie Einkäufe, sieht im Café nach dem Rechten – sie muss Bestellungen aufgeben, Schecks schreiben und auch schon mal den einen oder anderen Konflikt mit Gästen schlichten. Am Abend bringt Moran ihre Tochter zum Vater, dann kann sie endlich entspannen – am liebsten mit einem guten Buch.
Ruth Bach – 90, geboren in Halberstadt, aufgewachsen in Berlin. Kurz vor der Reichskristallnacht emigrierte die Familie nach Holland. 1940 reisten sie nach Palästina aus, seit 73 Jahren lebt Ruth in der Wohnung in West-Jerusalem, in die die Familie nach der Emigration einzog. Sie hat nie geheiratet, arbeitete als rechte Hand von Teddy Kollek, dem berühmten Bürgermeister der Stadt. Obwohl Ruth geistig noch sehr fit ist, ist sie dennoch auf Hilfe angewiesen. Diese bekommt sie von der jungen Philippinin Marybel, mit der sie zusammenlebt. Mit ihrem Bruder Gabriel, einem der Ankläger im Eichmann-Prozess, trifft sie sich regelmässig zum Schach spielen, und mit ihren Freundinnen zum Bridge.
Pater Armando Pierucci – 78, ursprünglich aus Italien. Der Franziskaner-Mönch lebt, betet und arbeitet zusammen mit rund 70 Mönchen im Kloster St. Saviour in der Altstadt von Jerusalem, nahe dem Neuen Tor. Seit 25 Jahren zelebriert er die Heilige Messe jeden Morgen alleine: Einzug, Schuldbekenntnis, Lesung, Glaubensbekenntnis, Abendmahl. Dabei ist er Priester und Gemeinde in einer Person. Ebenfalls seit 25 Jahren spielt er jeden Morgen die Orgel in der Grabeskirche. Das Gotteshaus ist das wichtigste Heiligtum der Christenheit, der Ort, an dem Jesus gekreuzigt, zu Grabe getragen und in den Himmel aufgestiegen sein soll. Heute müssen die Franziskaner sich die Kirche mit anderen christlichen Kirchen teilen, sie alle erheben Anspruch auf diese heilige Stätte. Armando betet drei Mal am Tag. Im Konvent hat er eine Musikschule aufgebaut, diese ist offen für jeden Schüler, ungeachtet der Konfession. Armando ist ein heiterer und gelassener Mann.
Imad Hoshiyah – 35, Hotelangestellter palästinensischer Herkunft. Jeden Tag kommt Imad nach Jerusalem zur Arbeit – für den Weg aus seinem Dorf in der Nähe von Ramallah, im Westjordanland, braucht er mitunter bis zu drei Stunden. Ohne die Mauer könnte er in einer halben Stunde bei der Arbeit sein. Imad steht um 4 Uhr morgens auf, täglich muss er den Checkpoint Qalandia passieren. Er arbeitet seit acht Jahren im Ambassador Hotel in einem arabischen Viertel nahe der Altstadt. Dort bezieht er die Betten, putzt und saugt die Zimmer für Pilger, Journalisten oder Delegationen der UNO.
Terry Boulata – 47, Christin. Sie ist Rektorin an einer palästinensischen Grundschule in Abu Dis – früher ein Vorort von Jerusalem, ist das Viertel heute von der Stadt abgeschnitten und gehört zum Westjordanland. Während der ersten Intifada – Terry arbeitete für eine Menschenrechtsorganisation – wurde sie mehrfach verhaftet. 1999 gründete sie eine private Schule, um palästinensischen Kindern bessere Bildungsmöglichkeiten zu bieten. Terry hat zwei jugendliche Töchter, sie leben zusammen in Beit Hanina, einem arabischen Viertel in Jerusalem. Für den Weg zur Arbeit muss sie täglich den Checkpoint passieren.
Yochanan, mitte 50, obdachlos. Seit 12 Jahren lebt er in einem Park, dort kennt er jeden Baum und jeden Strauch. Yochanan kommt aus den USA, dort war er verheiratet, hatte eine Familie, arbeitete als Chiropraktiker. Doch dann zog es ihn in das Heilige Land. Für die einen in der Nachbarschaft ist er ein Heiliger, für die anderen ein Verrückter. Er lebt von Geschenken und von all dem, was er findet und sammelt. Mitunter kommen auch Menschen zu ihm für eine Behandlung oder auf einen Plausch im Park.
Christoph von Toggenburg – 36, kommt aus der Schweiz. Seit einigen Jahren arbeitet er in Jerusalem, seit über einem Jahr für UNRWA – das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten. Er ist verantwortlich für palästinensische Flüchtlingscamps wie Shu'afat Camp in Jerusalem und Aida Camp bei Bethlehem. Fast täglich ist er dort unterwegs, prüft die Lebensbedingungen, inspiziert Schulen, Kliniken und andere Einrichtungen der UNRWA. Er protokolliert Zusammenstösse zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern. Am Drehtag besucht er u.a. einen palästinensischen Mitarbeiter eines Jugendzentrums, der mit einer Schussverletzung im Krankenhaus liegt.
Philippe Agret – 58, Franzose. Journalist und Chef der Nachrichtenagentur AFP in Jerusalem sowie Chef der Büros in den palästinensischen Territorien. Mit seiner Frau und einer seiner Töchter zog er für einige Jahre nach Jerusalem. Die Nachrichten bestimmen Philippes Tag, gute Nachrichten sind selten in dieser Region, schlechte die Regel. Philippe sieht seine Jahre in Jerusalem kritisch, es ist nicht einfach in einer Konfliktregion zu arbeiten, die Balance zu wahren, ein Drahtseilakt.
Firas Al Qazaz – 26, verheiratet. Firas ist Muezzin der Al-Aqsa-Moschee, seine Familie ist seit Jahrhunderten verantwortlich für die täglichen Aufrufe zum Gebet und die akkurate Einhaltung der Gebetszeiten. Heutzutage helfen dem Muezzin Mikrofon und Lautsprecher, damit er auch in weiter Distanz zu hören ist. Sein Leben folgt einem genau vorgegebenen Zeitplan, seine Wege führen ihn mehrfach am Tag in die Al-Aqsa-Moschee.
Mahmoud Al Salaymeh – 15, lebt mit seiner Familie im Shuafat-Camp, dem einzigen palästinensischen Flüchtlingslager in Jerusalem. Vor knapp 50 Jahren wurde es für 500 palästinensische Familien eingerichtet, heute leben dort ca. 22'000 Menschen unter schwierigsten Lebensbedingungen. Seit drei Jahren geht Mahmoud nicht mehr zur Schule, es gab Ärger mit den Lehrern. Er hat 13 Geschwister, sein kleiner Bruder bewundert ihn sehr. Seit er nicht mehr in die Schule geht, fliesst die Zeit dahin. Mitunter verdient er sich ein bisschen Geld mit Strassenverkäufen oder hilft seiner Mutter beim Kochen. Meist zieht er aber einfach nur mit seinen Freunden durchs Viertel.
Dr. Mahdi Abdul Hadi, 69, Politikwissenschaftler, Historiker, Autor. Er stammt aus einer alten palästinensischen Familie, die im 17. Jahrhundert aus dem Yemen nach Jerusalem kam. Abdul Hadi ist Gründer und Leiter von PASSIA (Palestinian Academic Society for the Study of International Affairs). Ihm liegt es am Herzen, ein tiefes Verständnis für palästinensische Themen – Geschichte und Gegenwart, Land und Leute, Rechte und Herrschaft – zu fördern. PASSIA ist eine unabhängige, gemeinnützige Einrichtung, die u.a. Recherche zur Palästina-Frage und deren Verbindung mit internationalen Angelegenheiten unternimmt. Darüber hinaus bietet die Organisation ein Forum zur Präsentation und Diskussion von Problemen und diversen Standpunkten zu Jerusalem und Palästina – und funktioniert damit erfolgreich als Katalysator für den zwischenmenschlichen Dialog.
Ofer Yagan (links, 42, verheiratet, Vater von sieben Kindern) und Avi Malki (45, verheiratet, Vater von vier Kindern) sind ein Team. Zusammen mit einem dritten Kollegen sind sie mit dem Müllwagen in der ganzen Stadt unterwegs, um die Strassen Jerusalems vom Abfall der Einwohner zu befreien – egal, ob Juden, Moslems oder Christen. Ihr Arbeitstag beginnt morgens um 6 Uhr, er ist anstrengend, in der Pause wird gebetet.