Im Juni 2016 sprachen sich 76.9 Prozent der Schweizer Bevölkerung trotz ideenreicher Kampagne der Initianten gegen das bedingungslose Grundeinkommen aus. Die Abstimmung scheiterte vor allem an der Frage der Finanzierung. 2’500 Franken monatlich hätte jeder Bürger und jede Bürgerin der Schweiz erhalten sollen, Kinder 625 Franken.
Dieses Geld sollte nicht zusätzlich zum Lohn ausbezahlt werden, sondern wäre gesicherter Bestandteil des Lohnes gewesen. Das war vielen nicht – oder zu spät klar. Sie gingen fälschlicherweise davon aus, das Geld gäbe es zusätzlich zum Lohn dazu.
Ist der Mensch fleissig oder faul?
Rechenbeispiel: Bei einem Lohn von 5’000 Franken im Monat wären die ersten 2’500 Franken das bedingungslose Grundeinkommen, und die nächsten 2’500 Franken der Lohn, der noch dazu käme. Am Ende also immer noch 5’000 Franken. Aber was wäre mit all jenen, die 2’500 Franken verdienen, weil sie zum Beispiel Teilzeit arbeiten? Diese Leute würden bei einem bedingungslosen Grundeinkommen nicht mehr verdienen, selbst wenn sie weiterhin arbeiten gingen. Würde ein Mensch also weiterarbeiten, wenn er ein Grundeinkommen hätte? Sind wir faul oder fleissig? Diese Frage trifft den Kern der Volksinitiative am ehesten und lässt sich nicht rein rechnerisch lösen. Es geht vielmehr um die Diskussion, wie «frei» der Mensch sein soll, sein kann, sein will.
Die Diskussion geht weiter
Das Grundeinkommen würde Probleme nicht einfach lösen. Aber es könnte die zukünftigen Probleme aufgrund des veränderten Arbeitsmarktes abfedern, so die Idee der Initianten. Die zunehmende Digitalisierung wird vermehrt Arbeitsplätze zum Verschwinden bringen. In solchen Umbruchphasen brauchen Menschen trotzdem Geld zum Leben und Zeit, um sich den neuen Gegebenheiten anzupassen und sich neu zu orientieren.
69 Prozent gaben in einer Umfrage an, dass sie mit einer zweiten Abstimmung zum Thema rechnen. Die Abstimmung im Juni 2016 im Volk ist zwar gescheitert, die Diskussion dazu ist aber lanciert. Die Volksinitiative hat in diesem Sinne einen Nerv der Zeit getroffen.
Was wäre wenn?
In einer letzten aufsehenerregenden Aktion sammelten die Initianten via Crowdfunding Geld, um einer Person während eines Jahres ein Grundeinkommen auszahlen zu können. Carole Nordmann aus Zürich zog damals das grosse Los. 2’500 Franken monatlich während eines Jahres. Der Hintergedanke der Verlosung: Die als Utopie verschrieene Idee konkret erlebbar zu machen.
Freiwilligenarbeit, Familienarbeit, Mitarbeit in Vereinen und Projekten – Arbeiten, die häufig zu wenig honoriert werden. Ein Grundeinkommen würde diese Einsätze aufwerten oder für einige zum Teil erst ermöglichen. Es könnte Raum geben, neue Business-Modelle zu entwickeln oder sich während einer gewissen Phase neu zu orientieren. Die Gewinnerin Carole Nornmann ist dafür ein gutes Beispiel. Sie hat unter anderem ihrem Freund Tobias beim «Crowdcontainer» geholfen. Ein Projekt, das neben der Arbeit erfolgreich aufgezogen wurde und sich an den Realitäten der Digitalisierung orientiert.
Die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens hat viele Facetten und vereint ebenso viele Themen. Und es ist nicht verkehrt, sich unabhängig der konkreten Finanzierung, Gedanken dazu zu machen.