In der Kultur ist Christian Jott Jenny eine feste Grösse, aber politisch bisher absolut unerfahren. Er ist ausgebildeter Tenor, dazu Kulturunternehmer und vor allem Gründer des Festival da Jazz von St. Moritz.
Mit seiner Kunstfigur Leo Wundergut tingelt er durchs Land und hält dem Publikum den Spiegel vor.
«St. Moritz kann es besser»
Dann, am 8. August 2018, kündigte Jenny aus heiterem Himmel an, er werde in einer Kampfwahl für das Gemeindepräsidium antreten. «St. Moritz kann es besser» war sein Motto, Jenny thematisierte den schleichenden Niedergang des einstigen Nobelkurorts – und erwischte alle auf dem falschen Fuss.
Vor allem den amtierenden Gemeindepräsidenten, der mit einer stillen Wiederwahl gerechnet hatte und das politische Establishment, das er mit frechen Sprüchen im Wahlkampf provozierte.
Social Media mobilisiert die Jungen
In St. Moritz entwickelte sich eine feurige Debatte. Die einen kritisierten die fehlende Erfahrung des Entertainers und plädierten für Kontinuität statt Experimenten.
Die andern begrüssten die frischen Ideen. St. Moritz brauche wieder ein Gesicht, argumentierten Prominente aus Jennys grossem Netzwerk. Und dem Tausendsassa gelang es, nicht zuletzt mit dem Einsatz von Social Media, die Jungen zu mobilisieren.
Allerdings, wenn man, lange vor der Kandidatur, Freunde von Jenny fragte, ob sie sich diesen rein theoretisch in der Politik vorstellen könnten, waren die Antworten eindeutig:
Eine Politsensation nimmt ihren Lauf
Am 23. September gewann Jenny im ersten Wahlgang gegen den amtierenden Sigi Asprion, allerdings verfehlte er das absolute Mehr um fünf Stimmen. Eine kleine Polit-Sensation.
Nun engagierten sich Jennys Gegner noch vehementer, es blieben zwei Wochen bis zur definitiven Entscheidung, die wieder völlig offen war. Am 7. Oktober war es soweit.
Ab dem 1. Januar 2019 steht Jenny nun an der Spitze von St. Moritz. Vorher spielt er noch einmal auf der Showbühne, ein Chansonprogramm: «Quand on n’a pas ce qu’on aime, il faut aimer ce qu’on a.»
Der «Reporter» zum Thema:
Bildergalerie: Bekannte Quereinsteiger in die Politik
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Bild 1 von 11. Magdalena Martullo-Blocher. 2004 wird ihr Vater Christoph Blocher in den Bundesrat gewählt. Bei der Ems-Chemie trittt darauf Tochter Magdalena Martullo-Blocher seine Nachfolge an. Erfolgreich lenkt sie die Geschicke des Konzerns. 2015 kandididiert sie für die SVP und wird in den Nationalrat gewählt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 11. Marcel Dobler. Ist Gründer des Online-Unternehmens Digitec. Digitec ist eine Erfolgsgeschichte. Im Alter von 20 Jahren entschliessen sich drei Jungunternehmer im Internet Computer zu verkaufen. 2014 verkauft Marcel Dobler seine Firmenanteile und tritt der FDP bei. 2015 kandidiert er für die Partei für den Nationalrat an und wird gewählt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 11. Filippo Leutenegger. seit 2014 ist er Zürcher Stadtradt. Zuvor war er von 2003 bis 2014 im Nationalrat. Zugänglich, sympahtisch und jovial – wen man auch zum Politiker Filippo Leutenegger befragt, diese Worte fallen bei allen. So wird er in einem Porträt beschrieben. Eine weitere Qualität: Der souveräne Umgang mit Medien. Und das hat seinen Grund... Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 11. Filippo Leutenegger. Vor seiner Zeit als Politiker war Philippo Leutenegger Journalist. Unter anderem war er der erste Moderator der Polit-Sendung «Arena». Später wird er Chefredaktor von Schweizer Fernsehen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 11. Alfred Rasser. Schon beinahe ernst blickt Nationalrat Alfred Rasser in die Kamera des Fotografens. Von 1967 bis 1975 sitzt er in der grossen Parlamentskammer. Alfred Rasser ist nicht nur Politiker. Er gehört auch zu den grossen Volksschauspielern der Schweiz. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 11. Alfred Rasser. Landesweit bekannt wird er durch seine Verkörperung des Soldaten HD Läppli. Bildquelle: SRF.
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Bild 7 von 11. Ronald Reagan. war US-Präsident von 1981 bis 1989. Seine Polit-Laufbahn nahm ihren Anfang als er 1962 Mitglied der Republikanischen Partei wurde. Zuvor war er eher den Demokraten zugeneigt. Ronald Reagan galt als begnadeter Redner. So hat er auch einige Semester Theaterwissenschaften studiert. Und das eine führte zum andern... Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 11. Ronald Reagan. Nach dem Studium versuchte er sich als Schauspieler – allerdings mit mässigem Erfolg. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 11. Arnold Schwarzenegger. Verkörpert den amerikanischen Traum. Das Startkapital war sein durch Bodybuilding gestählter Körper und Schlauheit. Der gebürtige Österreicher war vor seiner Wahl zum Gouverneur des US-Bundesstaates Kalifornien Schauspieler. Mit Filmen wie «Conan der Barbar» oder «Terminator» wurde er zum Superstar. Bildquelle: Keystone.
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Bild 10 von 11. Beppe Grillo. Seit den 1970er Jahren ist Grillo als Komiker im italienischen Fernsehen zu sehen. Dank seiner scharfen Kritik an den Polit-Verhältnissen wurde er populär. 2009 gründete er die Partei «MoVimento 5 Stelle». Sie versteht sich als Gegenbewegung zu den politischen Parteien. Bei den Parlamentswahlen 2013 wurde sie mit 25,55 Prozent drittstärkste Kraft. Bildquelle: Reuters.
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Bild 11 von 11. Donald Trump. Wurde am 8. November 2016 zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Trump war zuvor Inhaber des Konzerns «Trump Organization». In der Immobilienbranche baute er ein Milliardenvermögen auf. Und er machte seinen Namen zur Marke. Vor allem durch seine Reality-Show «The Apprentice» wurde er zu einer der bekanntesten Personen in den USA. Bildquelle: Keystone.