Als die Beziehung zu ihrem Partner und Vater ihrer zwei Töchter endete, plagten Anneka Beatty Schuldgefühle. «Mit unserer Trennung wollten wir nicht das Zuhause der Kinder zerstören und haben eine Lösung gesucht, wie ihr Daheim erhalten bleibt», sagt sie.
Die Betreuung und Erziehung der Kinder sollte auch nach dem Beziehungs-Aus gleichberechtigt aufgeteilt werden.
Das Nestmodell
Sam und Anneka Beatty leben seit ihrer Trennung im sogenannten Nestmodell. Die Kinder und die Katze leben in der gemeinsamen Familienwohnung, die Eltern wechseln sich ab. Die kinderfreie Zeit verbringt jeweils ein Elternteil in einer Zweitwohnung.
Für die Töchter habe dieses Modell den Vorteil, dass sie nicht zwischen zwei Haushalten hin- und herpendeln müssten. Das fixe Daheim gebe ihnen das Gefühl von Stabilität und Sicherheit, sind die Eltern überzeugt.
Dafür nehmen Sam und Anneka Beatty einen Mehraufwand auf sich: Einerseits organisatorisch, weil sie nun alle paar Tage die Tasche packen und sich zwischen zwei Wohnungen hin und her bewegen müssen.
Zum anderen auch finanziell, weil eine weitere Bleibe Zusatzkosten generiert. Um diese möglichst gering zu halten, teilen die Beattys sich ein Zimmer in einer WG, das sie abwechslungsweise nutzen.
Voraussetzung für das Funktionieren des Nestmodells ist laut Anneka Beatty eine gute Beziehung der Eltern: «Man muss sich als Liebespaar emotional voneinander lösen und einen neuen freundschaftlichen Umgang finden.»
Das Residenzmodell
Die Beattys bilden mit dem Nestmodell hierzulande eine Ausnahme. Meist wachsen Kinder nach der Trennung im sogenannten Residenzmodell auf: Die Kinder leben vorwiegend bei einem Elternteil – mehrheitlich bei der Mutter.
Gerade mal 15 Prozent aller getrennten oder geschiedenen Eltern teilen sich die Betreuung der Kinder mehr oder weniger ausgewogen auf. Das ist einem Bericht des Bundesamts für Statistik (BFS) aus dem Jahr 2020 zu entnehmen.
Das Wechselmodell
Seit ein paar Jahren ist in der Schweiz ein Trend hin zum Wechselmodell zu erkennen. Bei der alternierenden Obhut lebt ein Kind zu mehr oder weniger gleichen Teilen bei beiden Eltern. Die Betreuungsform der alternierenden Obhut ist seit 2017 sogar im Zivilgesetzbuch verankert.
Die Väter wollen mehr in die Alltagsbetreuung der Kinder involviert werden und nicht bloss die ‹Spass-Bezugsperson› an den Wochenenden sein.
Wenn ein Elternteil die alternierende Obhut verlangt, müssen die zuständigen Behörden das Modell prüfen. Mit heutigem Wissensstand geht man davon aus, dass die geteilte Obhut dem Kindeswohl dient. Zumal so beide Elternteile eine stabile Beziehung zum Kind aufbauen können.
Die Gesellschaft sei im Wandel und gerade in urbanen Gebieten werde die alternierende Obhut vermehrt gelebt, erklärt Seraina Herzberg von der Fachstelle Elternschaft und Unterhalt der Stadt Zürich. «Die Väter wollen mehr in die Alltagsbetreuung der Kinder involviert werden und nicht bloss die ‹Spass-Bezugsperson› an den Wochenenden sein.»
Stephan Meier und Nina Pfister haben sich nach ihrer Trennung für ebendieses Wechselmodell entschieden und teilen sich die Betreuung der fünfjährigen Zwillinge gleichberechtigt auf. Was heute im Grossen und Ganzen gut geht, verlief anfangs sehr holprig.
Nach der Trennung und der Geburt der Kinder hatte Stephan Meier Angst, er könne seine Kinder überhaupt nicht mehr sehen. Er habe mehrere Jahre kämpfen müssen, damit er sie heute zu 50 Prozent bei sich haben dürfe, erzählt er. «Aussenstehende Personen gaben mir zu verstehen, meine Forderungen seien schlecht. Eine Mutter sei wichtiger für die Kleinkinder, ich solle hinten anstehen.»
Stephan Meier und Nina Pfister haben eine konfliktreiche Zeit hinter sich. Auch eine professionelle Mediation konnte die Streitereien nicht schlichten. Heute haben die beiden einen Weg gefunden, wie das Wechselmodell trotz Meinungsverschiedenheiten funktioniert.
Zum Wohl von allen beschränken sie die elterliche Kommunikation auf ein Minimum. Zudem hat Nina Pfister gelernt, loszulassen und zu vertrauen: «Ich weiss nicht, was meine Kinder machen, was sie essen und wen sie treffen, wenn sie beim Vater sind.» Trotzdem habe die Distanz zueinander geholfen und Frieden gebracht.
Die Familien-WG
Ramon Zimmermann und Petra Calzaferri haben sich nach dem Liebes-Aus für ein Modell entschieden, das auf den ersten Blick nicht nach Trennung aussieht. Die Eltern leben weiterhin im selben Haushalt und kümmern sich zu etwa gleichen Teilen um ihre beiden kleinen Kinder.
Wir sagen ihnen, wir haben uns immer noch gerne. Wir sind beide für sie da. Aber Mami küsst jetzt einen anderen.
Diese hätten gar nicht mitbekommen, dass sie kein Liebespaar mehr seien. «Wir sagen ihnen, wir haben uns immer noch gerne. Wir sind beide für sie da. Aber Mami küsst jetzt einen anderen», so Ramon Zimmermann.
Die Familien-WG funktioniert wohl nur deshalb so gut, weil die Eltern auch nach der Trennung noch immer beste Freunde sind und einander Freiraum geben. Zimmermann und Calzaferri verbringen auch viel Zeit getrennt und schaffen sich so Raum für die individuelle Entwicklung.