Er kann kaum stillsitzen, er hüpft von seinem Klavierstuhl, feuert Piano-Salve nach Piano-Salve, trotzt seiner heiseren Stimme die alten Melodien ab. Es ist kurz vor ein Uhr nachts, in der Altjahrswoche im Goldenen Anker Interlaken. Hanery Amman spielt seit zwei Stunden vor ausverkauften Rängen seine Hits: «Alperose», «Teddybär» und «dRosmarie und ig». Berühmt gemacht haben diese Mundartsongs Polo Hofer, komponiert aber hat sie Hanery Amman. Der «Chopin des Berner Oberlandes», wie ihn Polo Hofer einmal nannte.
Hanery Amman ist ein Charakterkopf, quasi eine Legende zu Lebzeiten. Liebenswürdig, unterhaltend, eine Art verkanntes Genie. Demgegenüber stehen Unzuverlässigkeit und innere Kämpfe. Er bekundet Mühe, Dinge abzuschliessen.
Liebenswert launische Legende
Bei den Dreharbeiten zu dieser Reportage habe ich beide Seiten des Mundart-Urgesteins kennengelernt. Drehtermine zu finden war oft eine Herausforderung, seine Launen manchmal schwierig zu meistern.
Trotzdem wollte ich unbedingt einen kleinen Teil des Lebens dieses Mannes zeigen, dessen Lieder mich durch meine Kindheit begleitet haben. Denn wie so oft sind es die stillen Schaffer, welche neben den lauten Tönen untergehen.
Wenn Hanery einmal in guter Stimmung war, liess er mich nahe an sich heran und erzählte beispielsweise von seinen ersten Erinnerungen an die Musik.
Lieber Tee als Drogen
Hanery ist ein zurückhaltender, fast scheuer Mensch. Insbesondere im Konsum von Alkohol und Drogen hielt er sich, entgegen dem gängigen Klischee vom Rockstar, zurück. Er galt in den Musikerkreisen der 1970er-Jahre als der «Tee-Crème»-Freak, weil er Tee dem Alkohol meist vorzog.
Während fast vier Jahren habe ich Hanery Amman ein kleines Stück seines Weges begleitet. Entstanden ist dieser Film über einen Menschen, der seine Lebenskraft der Liebe zur Musik verdankt.