Nach Wunsch seiner Eltern hätte der inzwischen 51-jährige Zurbuchen eigentlich einen ganz anderen Weg gehen sollen. Sein Vater war Prediger in einer Freikirche in Heiligenschwendi, oberhalb des Thunersees. Er wünschte sich, dass Sohn Thomas in seine Fussstapfen tritt. Aber dieser machte eine ganz andere Karriere – und wurde zum mächtigsten Schweizer Wissenschaftler.
Seinen Karriereweg machte Thomas Zurbuchen in den USA. Nach seinem Doktorat an der Uni Bern als Astrophysiker 1996 wechselte er an die Universität von Michigan. Dort arbeitete er sich bis an die Spitze. Bereits an der Uni Michigan baute er immer wieder mal auch Instrumente für die Nasa und war als Experte tätig.
Der grosse Schritt kam 2016. Zurbuchen, der Jahre davor auch die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen hatte, erhält den Job als Forschungsdirektor der Nasa. In dieser Funktion verantwortet er ein Budget von rund sieben Milliarden Franken. Seine Entscheidungen beeinflussen die Arbeit von Tausenden von Nasa Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Regelmässig muss er im US-Parlament in Washington Red und Antwort stehen, wie er diese Mittel einsetzt und in welche Richtung die Forschungen der NASA gehen.
Auch Rückschläge gibt es. So musste zum Beispiel der Start des James-Webb-Weltraumteleskops, eines der ambitiösesten, und mit neun Milliarden Dollar teuersten Nasa-Projekte, mehrmals verschoben werden. Bei Raketen-Starts trägt Zurbuchen, wie er gern betont, deshalb jeweils zwei vorbereitete Reden auf sich. Eine, wenn’s erfolgreich läuft – die andere für Fehlstarts.
Von der Heiligenschwendi zum Mars
Über hundert Missionen hat Thomas Zurbuchen unter sich. Der Start einer neuen Mars-Mission im Sommer ist einer der grössten Herausforderungen dieses Jahr. Die Mission soll nach einer sechsmonatigen Reise einen weiteren Rover auf den Mars bringen. Der Rover wird dort unter anderem Gesteinsproben sammeln, die eines Tages auf die Erde zurückgebracht werden sollen. Es wäre der erste Rückflug vom Mars. Und das ist eine heikle Sache. Über die Hälfte aller versuchten Landungen auf dem Mars sind bis heute misslungen.
Als wissenschaftlicher Direktor der US-Raumfahrtbehörde NASA ist Zurbuchen den Launen der amerikanischen Politik ausgesetzt. So hat sich die Trump-Regierung zum Ziel gesetzt, bereits bis 2024 wieder US-Astronauten auf den Mond zu schicken; dort eine permanente Basis zu bauen und später Menschen weiter zum Mars zu bringen.
Der Druck auf die Nasa ist gross – nicht nur der rund 20 Milliarden Dollar wegen, die sie jährlich erhält. Es gibt inzwischen auch private Firmen, die im Weltraum mitmischen, wie «SpaceX» von Elon Musk oder «Blue Origin» von Jeff Bezos. Diese sind zwar Partner aber in vielem auch Konkurrenten der Nasa.
Und auch andere Länder mischen im Weltraum mit. So sind allein für 2020 drei weitere Mars-Missionen geplant. Von China, den Europäern und den Arabischen Emiraten. Die Startzeit sollte bei allen vier Missionen im Juli oder August sein. Da stehen nämlich Mars und Erde am idealen zueinander. Sodass die Flugzeit zum Mars mit gut sechs Monaten relativ «kurz» ist.
Religiöse Kindheit prägte Zurbuchen
Die Kindheit und Jugend im religiösen Umfeld des Bergdorfes Heiligenschwendi haben Zurbuchen geprägt. «Er ist, wie er ist, weil er hier aufgewachsen ist», sagt seine amerikanische Frau Erin anlässlich eines Besuches im Berner Oberland.
Als Sohn eines Predigers habe er sich gegen die «Buure-Gieli» durchsetzen müssen. Aber er sei durchaus selber auch für die Konflikte verantwortlich gewesen, weil es ihm im Dorf einfach «läängwilig» gewesen sei. Schon als Kind habe er den Sternenhimmel angeschaut und sich gefragt, wie diese Sterne wohl an einem anderen Ort der Welt aussehen würden.
Nicht vergessen hat Zurbuchen auch Beleidigungen gegen sich und seine Eltern, die in sehr bescheidenen Verhältnissen lebten. Ein Seklehrer habe an seiner Intelligenz gezweifelt; kaum genügend fürs Gymnasium. Und auch über die Eltern seien von der Lehrerschaft manchmal böse Worte zu hören gewesen.
Eine Motivation fürs Leben sei das gewesen, gibt Zurbuchen offen zu. Stolz und Zufriedenheit verbirgt er dabei nicht. Aber andererseits ist bei ihm auch weder Groll noch Bosheit zu spüren. Der Mann, der nach den Sternen greift, scheint heute gut darüberzustehen.