Blutplasma ist der flüssige Teil des Blutes, aus dem teure Medikamente für Patienten weltweit hergestellt werden. Und eine begehrte, international gehandelte Ware. Wichtigstes Exportland sind die USA, wo die Spender rund 60 Dollar für ihr Blut erhalten. Pharmafirmen betreiben in den Agglomerationen der ärmsten Städte Amerikas hunderte Spendezentren. Auch in Cleveland, Ohio.
Hier trafen wir Spender, die ohne das Geld von Octapharma, das sie zweimal pro Woche für ihr Blut erhalten, nicht überleben könnten. Das Paradoxe daran: Dieses industriell gesammelte amerikanische Blutplasma kostet weit weniger als jenes, das Freiwillige in der Schweiz und in Europa spenden.
Das Rote Kreuz verkauft Blutplasma an Octapharma
Octapharma mit Sitz in Lachen/SZ ist eine der vier multinationalen Firmen, die den Markt mit menschlichem Blutplasma beherrschen. Octapharma ist zwar nicht die grösste, aber ein wichtiger Player im Markt. 2014 hat die Firma in Frankreich einen Prozess gewonnen, dank dem der Handel mit Blut – bis anhin staatliches Monopol – dem Wettbewerb freigegeben wurde.
In der Schweiz verkauft das Rote Kreuz, das als einzige Blutspendedienste betreiben darf, gespendetes Blutplasma auch an Octapharma und an weitere Firmen. In ganz Europa sind die Gesundheitssysteme bemüht, ihre Kosten zu senken. Dadurch wächst das Interesse an «Low Cost»-Plasma aus Amerika. Experten warnen vor Gesundheitsrisiken und der Abhängigkeit von amerikanischem Blutplasma im Fall von Epidemien. Ausserdem prangern sie den ethischen Zerfall an, der damit einhergeht, wenn der menschliche Körper zur Handelsware herabgewürdigt wird.
Auf den Spuren der schmutzigen Geschäfte
Unserem Dokumentarfilm «Das Geschäft mit dem Blut» liegen über ein Jahr Recherchen in der Schweiz, in den Vereinigten Staaten und in Frankreich zugrunde.
Als Westschweizer Journalisten, die wir seit Jahren in diesem Bereich recherchieren, wurden wir stutzig als Ende 2014 der ehemalige Ministerpräsident Portugals José Sócrates wegen Verdachts auf Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung verhaftet wurde. Von heute auf morgen sitzt der ehemalige sozialistische Abgeordnete in einer Zelle eines Gefängnisses, das er während seiner Amtszeit selbst eingeweiht hatte. Gemäss Anklage erhielt er als Berater der Schweizer Firma Octapharma monatlich 12’000 Euro. Dieses Honorar wurde ihm sogar doppelt ausbezahlt: eine mutmassliche Waschanlage für nicht deklarierte Gelder, die auf Schweizer Konten lagen.
Ein Pharmaunternehmen am Zürichsee, von dem wir noch nie gehört hatten? Ein augenscheinlich respektables Unternehmen, das in Lachen im Kanton Schwyz ansässig ist und weltweit rund 6000 Mitarbeitende beschäftigt und diese zwielichtige Geschichte. Wie passt das zusammen? Am Anfang tappten wir im Dunkeln. Doch schon bei den ersten Recherchen zur Vorgehensweise von Octapharma stiessen wir auf einen undurchsichtigen weltweiten Markt.