«Donald Trump ist ein sehr fairer Boss. Trump lässt seine Leute nicht fallen. Trump ist sehr grosszügig. Trump ist ein extrem intelligenter Mensch». Solche Aussagen entsprechen nicht unbedingt den gängigen Einschätzungen, die seit Monaten von einem Grossteil der Medien verbreitet werden. Doch exakt solche Kommentare höre ich von Geschäftspartnern und Angestellten des Trump Imperiums.
Aber was ist mit den Unflätigkeiten, die täglich über den Äther verbreitet werden? In der Schule meines achtjährigen Sohns fühlte sich die Direktorin genötigt, auf den hasserfüllten Ton im Kampf um das Weisse Haus einzugehen. «Wir leben in aggressiven Zeiten, so habe sie das noch nie erlebt», sagt die Direktorin.
Es brodelt im Vok
Damit hat die Schulleiterin leider recht. Amerika befindet sich in einem gewaltigen Umbruch. Die nach wie vor mit Abstand grösste Volkswirtschaft der Welt kann zwar bessere Wachstumsdaten verbuchen als Europa. Eine Arbeitslosenquote unter fünf Prozent suggeriert nahezu Vollbeschäftigung. Die Aktienkurse liegen nicht so weit von alten Rekordmarken entfernt. Doch es brodelt im Volk. Viele Amerikaner fühlen sich, zu Recht, chancenlos. Sie haben das Gefühl, dass sie am Aufschwung nicht partizipieren. Mit der «digital-» oder auch «gig economy» wandelt sich der Arbeitsmarkt radikal. Und von ihren Vertretern in Washington erwarten die meisten Amerikaner schon lange nichts mehr. Deshalb geben viele ihre Stimme einem Outsider, der mit Politik bisher wenig in Berührung gekommen ist.
Umfragen skizzieren ein recht klares Bild von den typischen Trump-Wählern: männlich, ein Jahreseinkommen unter 50 000 Dollar, wütend, weiss, ländlich und ein geringes Bildungsniveau. Der Nachrichtendienst von Yahoo hat kürzlich einige Trump-Wähler unter die Lupe genommen. Ron arbeitet als Versicherungsvertreter in Nevada. Eileen ist eine Mutter von zwei Kindern in Iowa. Justin ist 39 Jahre alt und arbeitet als Mechaniker in Virginia. Rick ist ein Bauunternehmer aus Michigan. Nell ist eine 79-jährige Grossmutter aus Mississippi. Und die 36-jährige A.J. hat kubanische Wurzeln, besitzt einen Abschluss der Elite-Uni Harvard und arbeitet als Anwältin. Den üblichen Klischees entsprechen diese Wähler nicht.
Die Trader sehen in Trump einen guten Geschäftsmann
Die Händler auf dem Parkett der Wall Street sind traditionell konservativ. Können sie sich einen Präsidenten Trump vorstellen? Einige Trader sehen in Trump in erster Linie einen erfolgreichen Geschäftsmann, der für Steuersenkungen steht. Und sein Getöse sehen sie noch entspannt. Ob er seinen scharfen Worten in Bezug auf Immigranten und den Beziehungen zu China oder Russland die entsprechenden Taten folgen lässt, halten zumindest einige Börsianer für unwahrscheinlich.
Viele Trader sind sich vor allem einig, wen sie nicht haben wollen. Bernie Sanders bezeichnet sich selbst als Sozialist. Das wäre aus ihrer Sicht die schlechteste Variante. Wobei es beim Profil der Trump- und Sanders- Wähler tatächlich einige Gemeinsamkeiten gibt. Beobachter halten es nicht für unwahrscheinlich, dass im November einige Bernie-Fans Donald Trump ihre Stimme geben. Hillary Clinton kommt in den Umfragen nicht gut weg. Das war bei ihrem Mann im Jahr 1992 allerdings auch nicht anders. Und letztlich erlebten die USA und auch die Börse während Bill Clinton's Amtszeit einen regelrechten Boom. Historisch betrachtet hat sich die Wall Street ohnehin dann am besten entwickelt, wenn die Demokraten den Präsidenten und die Republikaner den Kongress stellten.
Es fällt mir immer noch schwer, an einen Wahlsieg von Donald Trump im November zu glauben. Sein republikanischer Herausforderer Ted Cruz lässt einige meiner Bekannten aber auch an einen Abschied aus den USA nachdenken. Derzeit scheint Hillary Clinton die wahrscheinlichste Kandidatin zu sein. Doch aus Überzeugung würden die wenigsten für sie stimmen. Es wäre die Wahl des geringsten Übels.