«Schreckgespenst verlässt das Parlament», das sei vermutlich der Titel des Filmes, der gerade über ihn gedreht werde, sagte Toni Bortoluzzi allen, die wir unterwegs antrafen. Das war ein Witz, aber vermutlich nur ein halber. Denn Bortoluzzi weiss nach 24 Jahren auf der nationalen Politbühne bestens, dass sein Image nicht das beste ist – und dass er es sich hart erarbeitet hat. Getreu seinem Motto: «Nöd höbele, hoble!» Gleichwohl hat er den Eindruck, die breite Öffentlichkeit missverstehe ihn.
Ein politischer Hardliner
Nun, Toni Bortoluzzi hat ein gewinnendes Wesen. Er hat etwas Gutmütiges. Und er ist authentisch: Ich kann mich nicht erinnern, schon je mit jemandem gefilmt zu haben, der vor und neben der Kamera genau gleich ist. Gleichzeitig ist Bortoluzzi ein politischer Hardliner. Einer, der gerne mit dem Zweihänder politisiert – ohne Rücksicht auf Verluste.
Unvergessen ist, wie die SVP eine Debatte über die Invalidenversicherung lancierte. Startschuss war ein Interview von Christoph Blocher im «Tagesanzeiger» vom 13. Juni 2003. Dort fiel zum ersten Mal das Wort «Scheininvalide». Auf Nachfrage gibt Bortoluzzi gerne zu, dass es seine Idee gewesen sei, dieses Thema auf die politische Agenda zu drücken.
Kampagne ohne Rücksicht
Als SVP-Experte für Gesundheits- und Sozialpolitik wusste Bortoluzzi freilich genau: Wenn er von «Scheininvaliden» sprach und – stark moralisierend – so das IV-Problem auf das simulierende, hypochondrische, betrügerische Individuum reduzierte, bildete er nur einen kleinen Teil eines komplexen Vorgangs ab. Aber er wusste auch: So funktioniert Politik. Die Medien und die übrigen Parteien, im wenig reflektierten Anti-SVP-Reflex, tappten einmal mehr in die ausgelegte Falle. Es gebe keinen Missbrauch, alle Rentenbezüger seien als «schwächste Glieder der Gesellschaft» vor jeder kritischen Frage zu schützen, das Wort «scheininvalid» sei «diffamierend». Voilà, das Thema hatte gezündet.
Dass er als treibende Kraft hinter der Kampagne verantwortlich dafür ist, dass IV-Bezüger quasi unter den Generalverdacht des Sozialschmarotzertums geraten sind und damit vermutlich viele von ihnen tief verletzt wurden, bedauert Bortoluzzi heute. Aber es habe keine andere Möglichkeit gegeben, eine dringend nötige Debatte über die ausufernden Defizite der IV in Gang zu setzen. Darum seien die wahren Schuldigen jene, die allzu lange die Augen verschlossen hätten vor den Missständen.
Kritik aus den eigenen Reihen
Diese Logik lässt er bei anderen indes nicht gelten. Als er sich zum Beispiel weigerte, vor Ablauf der Legislatur zurückzutreten, weil für ihn kein Handwerker, sondern eine junge Frau, zudem Juristin nachgerückt wäre, für ihn «keine ideale Vertreterin der Frauen», da platzte vielen SVPlern der Kragen. Alfred Heer, Präsident der SVP Kanton Zürich, sagte etwa: «Bortoluzzi redet zu viel und macht Sololäufe. Seine Zeit ist abgelaufen.» Und Natalie Rickli meinte: «Die neusten Aussagen Bortoluzzis sind einfach nur noch peinlich. Es reicht.» Beide, Heer und Rickli, könne er nicht ernst nehmen, sagt Bortoluzzi gegenüber «Reporter», und vergessen werde er ihnen auch nicht, dass sie öffentlich gegen ihn geschossen hätten.
Fazit: «Quod licet Iovi, non licet bovi» Zu deutsch: «Was dem Jupiter geziemt, geziemt dem Ochsen nicht» oder freier übersetzt «Was der Meister darf, darf der Lehrling noch lange nicht.»